REZENSION: Christophe Braun / Udo Krauß – Agile Power Guide. Fokussiert, schnell und flexibel zum Erfolg. Otto Schmidt 2019.
Hierarchische Organisationen sind wie Pyramiden: Stabil, solide, für die Ewigkeit gebaut. Und eigentlich kann man sich in ihnen nur begraben lassen. Agile Organisationen verhalten sich hingegen wie Schwärme – sie passen sich den Bedingungen und vor allem den Anforderungen der Kunden an. In dem Buch erklären die Autoren die Funktionsweise und Prinzipien agiler Organisationen mit etlichen Beispielen und sehr anschaulich.
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Und weil man sich in diesen Organisationen duzt, wird der Leser auch hier konsequent mit Du angesprochen. Überhaupt geht es flapsig zu, z.B. wenn klassische Organisationen und ihre Vorlieben beschrieben werden, dass sie verliebt in Pläne sind und es „dufte finden“, wenn sie langfristige Pläne aufstellen können. Nur hilft ihnen das in einer VUKA-Welt wenig, denn die interessiert sich nicht für Pläne, und das ist doof. Soll heißen: So lange Unternehmen in einer stabilen Umgebung unterwegs sind, dürfen sie weiter Pyramiden bauen. Der Rest aber sollte agil werden. Und was bedeutet das? Drei Merkmale werden hier hervorgehoben:
- Die radikale Kundenorientierung – alles ist auf den Kunden ausgerichtet.
- Das schrittweise Vorgehen – es gibt ein Ziel, aber keine langfristigen Pläne, sondern immer nur kleine Schritte.
- Das Menschenbild, das von einem intrinsisch motivierten Mitarbeiter ausgeht.
Agile Führung
Der dünne Band besteht aus fünf Kapiteln: Im ersten wird der Begriff Agilität erläutert und mit praktischen Beispielen versehen. Im zweiten geht es um Strukturen, Prozesse, Menschen und Kultur, im dritten um Führung. Hier wird es etwas verwirrend. Es gibt nach wie vor Führungskräfte, aber sie geben Führungsaufgaben an die Teammitglieder ab. Und sie müssen je nach Situation mal explorativ und mal exploitativ führen und wissen, wann welche Art von Führung notwendig ist. Klar ist, dass Führung in agilen Organisationen sich nicht auf eine Position oder Status zurückziehen kann, sondern eine Rolle von vielen ist. Ich frage mich dann nur, wie das funktionieren soll, wenn Personen nach wie vor dauerhaft auf diesen Positionen sitzen? Dann hängt es wohl davon ab, ob sie ihre Positionsmacht nach vier gebrauchen oder darauf verzichten.
Kapitel 4 beschäftigt sich etwas knapp mit agilen Methoden, als da wären: Design Thinking, Scrum und Agile Games. Und im fünften Kapitel werden die Probleme und Paradoxien der Agilität vorgestellt. Zwischen den Kapiteln kommen Vertreter von Unternehmen zu Wort. So von der Bank ING, von Porsche Digital oder der DB Akademie. Und schließlich gibt es „Agile Hacks“ – Kurze Tipps von der Art „Kanban Boards“, „Lunch Lectures“, „Focus Time“, „Time Boxing“, „Pitch Partys“, „Fuckup Nights“ usw.
Die Werbung für eine Leadership-App am Ende des Buches ist ein wenig aufgesetzt, insgesamt aber habe ich das Büchlein gerne gelesen, es bringt die Sache mit der Agilität auf den Punkt. Allerdings darf man hier keine Anleitung erwarten, wie man aus der klassischen Organisation eine agile zaubert – was auch nicht der Anspruch ist.