2. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Schadlos man selbst sein dürfen

PRAXIS: Würden Sie die Atmosphäre in Ihrem Unternehmen als angstfrei bezeichnen? Wenn ja, dann sind Sie zu beglückwünschen. Wenn Sie nicht sicher sind, helfen vielleicht sieben Fragen, um ein wenig Klarheit zu gewinnen. Um anschließend zu überlegen, welche Maßnahmen sinnvoll sind.

Das zugrundeliegende Thema lautet „Psychologische Sicherheit„. Der Begriff wurde von Edgar Schein und Warren Bennis geprägt. Mit Sicherheit ist gemeint, dass die Menschen „schadlos sie selbst sein dürfen„. Wenn sie das Gefühl haben, ihre Meinung, Bedenken und Beobachtungen äußern zu dürfen, ohne fürchten zu müssen, beschämt, herabgesetzt, lächerlich gemacht, gedemütigt, ignoriert oder beschuldigt zu werden.


Anzeige:

Personal- und Orga­ni­sa­ti­ons­entwicklung, die über Trainings- und Prozess­optimierung hinausgeht.
Wir glauben an die unbegrenzten Entwicklungs­möglichkeiten von Menschen, Strukturen und Prozessen. Unsere Mission ist es, Personen und Unternehmen bei dieser Entwicklung zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Zur Webseite...


Dass man mal mit einer Äußerung daneben liegt, belächelt wird oder Kopfschütteln erntet, ist sicher noch nicht dramatisch, solange es mit Respekt und Wohlwollen geschieht. Ansonsten aber sollten Organisationen doch sehr großen Wert darauf legen, dass diese Angstfreiheit funktioniert – vor allem in Krisenzeiten. Beispiele, dass Mitarbeiter ihre Beobachtungen lieber nicht mitteilten, ihre Befürchtungen für sich behielten, ihre Bedenken runterschluckten und damit die Chance vertan wurde, größeren Schaden abzuwenden, gibt es vermutlich viele – Stichwort Dieselskandal.

Amy Edmondson ist die zentrale Vertreterin des Themas und erklärt in ihrem Beitrag (Angstfrei arbeiten), dass man relativ einfach mit sieben Fragen herausfinden kann, wie angstfrei es tatsächlich in einem Unternehmen bzw. in einem Team zugeht:

  1. Wie oft wird es gegen mich verwendet, wenn ich in meinem Team einen Fehler mache?
  2. Sind die Mitglieder des Teams in der Lage, Probleme und schwierige Situationen anzusprechen?
  3. Werden in diesem Team Leute manchmal abgelehnt, weil sie anders sind?
  4. Wie sicher ist es in diesem Team, ein Risiko einzugehen?
  5. Wie schwierig ist es in diesem Team, andere Mitglieder um Hilfe zu bitten?
  6. Würde jemand in diesem Team absichtlich so handeln, dass es meinen Bemühungen zuwiderläuft?
  7. Werden in diesem Team meine einzigartigen Fähigkeiten und Talente genutzt und wertgeschätzt?

Sie könnten diese Liste allen Teammitgliedern vorlegen und die Fragen auf einer Skala von 1 bis 7 beantworten lassen (Achtung: bei den Fragen 1, 3, 5 und 6 wären die Werte umzukehren, weil diese negativ formuliert sind).

Aber vermutlich könnten Sie auch das Thema in Form eines moderierten Workshops behandeln – was allerdings schon voraussetzt, dass eine gewisse Angstfreiheit existiert. Und dann gemeinsam überlegen, wie sie bestehende Ängste abbauen. Die Tipps dazu nach Edmondson lauten in Kürze:

  • Stellen Sie ein gemeinsames Arbeitsverständnis her. Gemeint ist, einen Bezugsrahmen aufzuzeigen und die Sinnausrichtung zu betonen. Die Menschen sollten wissen, worauf es bei ihrer Arbeit ankommt, wer von wem abhängig ist, was schiefgehen kann und was dann passiert, wie mit Fehlern und Scheitern umgegangen wird und dass diese vor allem zum Lernen genutzt werden. Sie sollten auch wissen, warum ihre Arbeit wichtig ist und was passieren kann, wenn man Bedenken nicht äußert.
  • Laden Sie zum Widerspruch und Lernen ein. Das funktioniert vor allem durch eine demütige Einstellung (Ich mache deutlich, dass ich als Führungskraft nicht allwissend bin) als auch durch Offenheit für andere Haltungen und Meinungen. Und es braucht Systeme und Strukturen für Offenheit, also z.B. ein Forum, in dem „schuldenfrei“ berichtet werden kann, z.B. als fester Tagesordnungspunkt das gegenseitige Erzählen über Fehler und Pannen.
  • Reagieren Sie produktiv, also vor allem aufmerksam zuhören, sich für Hinweise und Bedenken bedanken, bei Fehlern gemeinsam überlegen, wie diese in Zukunft zu vermeiden sind. Aber genauso bewusste und absichtliche Verstöße konsequent sanktionieren. Letzteres gehört auch zur psychologischen Sicherheit: Wenn sich Mitarbeiter darauf verlassen können, dass schädliches und destruktives Verhalten nicht akzeptiert und umgehend geahndet wird.

Ich denke, es lohnt sich, Angstfreiheit bzw. psychologische Sicherheit zum Thema zu machen, weil ich glaube, dass die meisten Führungskräfte völlig unterschätzen, wie sehr sie mit ihrem Verhalten zur Unsicherheit und Angst bei den Mitarbeitern beitragen.

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert