4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Seltsame Argumentation

KRITIK: Es ist gerade schwer angesagt, „Mythen“ zu entlarven. Eigentlich keine schlechte Idee, denn vieles, was in der an Modellen und Erfolgskonzepten so reichhaltigen Management- und Beraterszene verkauft wird, hat vermutlich keinerlei wissenschaftlich abgesicherte Grundlage. Natürlich bin ich alles andere als objektiv, wenn es z.B. um das Thema „Führung“ geht. Und ich kann an dieser Stelle auch keine wissenschaftlichen „Gegenbeweise“ für die Behauptung anführen, dass es keine Organisation ohne Führung geben kann. Nur finde ich die Begründungen der „Entmystifizierer“ merkwürdig.

Zwei Argumente tauchen immer wieder auf. Das eine lautet: „Führung ist etwas, dass sich in Jahrmillionen bei allen sozialen Lebewesen und auch beim Menschen entwickelt hat“ (Trainer und Berater als Wunderheiler?). Und weil wir soziale Wesen sind und mit anderen irgendwie auskommen müssen, brauchen wir Führung „bei der Koordination gemeinsamer Aktionen und der Reduzierung von Konflikten in der Gruppe.“ Da die Evolutionstheorie wissenschaftlich abgesichert ist, steht damit also fest, dass Führung ein Teil unserer Natur ist.


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Ich finde das deshalb seltsam, weil Wissenschaftler vermutlich vor 500 Jahren behauptet hätten, dass es seit Millionen Jahren Herrschende und Beherrschte gibt, und dass (hätte es damals die Evolutionstheorie schon gegeben) es nun mal in der Natur des Menschen liegt, dass die einen herrschen und die anderen beherrscht werden. Wer damals was von freien Wahlen und Menschenrechten erzählt hätte, wäre auf dem Scheiterhaufen gelandet. Ist das nun ein Sprung in der Evolution, dass wir heute in demokratischen Systemen leben? Oder ist das eigentlich völlig gegen unsere Natur? Letztlich läuft die Argumentation darauf hinaus: Das hat noch nie funktioniert, also kann es auch in Zukunft nicht funktionieren.

Animalische Vergleiche

Übrigens ähnelt die Argumentaton derjenigen, die Vergleiche aus dem Tierreich heranzieht nach dem Motto: Bei Tieren gibt es auch immer Anführer, die die Richtung vorgeben, also ist das beim Menschen genauso. Stimmt, aber es gibt auch die Formationsflüge der Gänse, bei denen jeder Vogel sich an die Spitze setzt, wenn sein Vorgänger erschöpft ist, ohne dass zuerst seine Führungspersönlichkeit überprüft und entwickelt wurde.

Die zweite Argumentation sieht so aus: Hierarchiefreie Organisationen können nicht funktionieren, weil am Ende immer einer die letzte Entscheidung treffen muss. Und sei es der Eigentümer, der spätestens dann eingreift, wenn ihm die Entscheidung des Teams nicht passt (Was wurde eigentlich aus Six Sigma?). Also werden Menschen in Teams immer schauen, was wohl dieser letzte Entscheider sagen wird und sich daran orientieren. Schlussfolgerung: Es gibt keine führerlose Organisation, und deshalb wird dieser Hype um die Selbstorganisation auch wieder vorbeigehen.

Auch das finde ich höchst merkwürdig. Es ist also undenkbar, dass sich Menschen zusammenschließen, eine Organisation aufbauen und sich darauf verständigen, Entscheidungen im Konsens oder nach dem Konsentprinzip zu treffen? Oder welches Prinzip auch immer sie entwickeln, welches die Entscheidung eben nicht an eine hierarchische Postition knüpft …

Ich bestreite nicht, dass die Theorien und Modelle, die uns verkauft werden mit dem Versprechen, dass man bei ihrer Anwendung besonders erfolgreich sein wird, häufig keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhalten. Aber die Argumente, Menschen brauchen Führung(skräfte), weil es schon immer so war und es in unserer Natur liegt und weil am Ende immer einer entscheiden muss, finde ich ebenso fragwürdig.

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