8. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

The Times They Are A-Changin‘

INSPIRATION: Bewerber oder Mitarbeiter können heute sehr leicht den Arbeitgeber auf Online-Plattformen wie kununu bewerten. Unternehmen sollten das nicht ignorieren oder belächeln. Denn die Bewertungen haben Konsequenzen für die Reputation. Wie findet man in Zeiten des Fachkräftemangels den richtigen Ton?

Mehr als 70 Prozent der Jobinteressenten nutzen zumindest gelegentlich Online-Bewertungsportale, um sich über Arbeitgeber zu informieren, zeigt eine aktuelle Befragung. Dort sind über fünf Millionen anonymisierte Bewertungen gespeichert. Die Unternehmensreputation kann durch kritische Bewertungen dort schnellstens ruiniert werden. Mehr als ein Drittel der Kandidaten entscheidet sich aufgrund schlechter Arbeitgeberbewertungen gegen die Bewerbung bei einem Unternehmen. Der Reputationsaufbau hingegen dauert eher lange.

Eine wissenschaftliche Untersuchung (Arbeitgeberkommunikation auf Online-Bewertungsportalen) bringt hier nun Licht in die Angelegenheit, die bislang eher von Mutmaßung gekennzeichnet war (Wer Ohren hat zu hören). Es geht um zwei Forschungsfragen:

  • Wie reagieren Arbeitgeber auf Online-Bewertungsportalen öffentlich auf Lob und Kritik?
  • Welchen Einfluss haben Arbeitgeberkommentare auf die Wahrnehmung potenzieller Bewerber?

Die Studie

Im zweistufigen Untersuchungsdesign wurden zunächst die Reaktionsmuster auf Bewertungen typologisiert. Die Basis dafür waren 275 Arbeitgeberkommentare aus sechs Industrieunternehmen. Dabei kristallisierten sich zwei große Reaktionsmuster heraus, nämlich Arbeitgeberkommentare als Reaktionen auf lobende Bewertungen sowie solche auf Kritik. Die Kommentare auf Lob, so zeigte sich, sind meist kurz gehalten und häufig standardisiert. Die auf Kritik hingegen „sind meist individualisiert verfasst und beziehen Stellung zu den genannten Aspekten der Bewertung.“

In einem zweiten Schritt stuften im Mai/Juni 2020 in einer Online-Umfrage 154 potenzielle Bewerber diese typischen Reaktionsmuster der Unternehmen ein. Rund 75 Prozent der Stichprobe waren weiblich. Der Altersdurchschnitt lag bei ca. 25 Jahren. In der Regel handelte es sich um Studierende.

Es zeigte sich, dass eine Reaktion auf eine Bewertung von den Mitarbeitern oder Bewerbenden definitiv positiver gewertet wird als ein Schweigen. Arbeitgeber sollten also bloß nicht den Fehler machen, floskelhaft auf ein Lob zu reagieren – das wird vom Publikum abgestraft. Ein individualisierter Arbeitgeberkommentar als Reaktion auf Lob steigert die Reputation hingegen am meisten.

Wie sieht es nun bei den Reaktionen auf Kritik aus? Absoluter Worst Case ist, wenn Unternehmen in diesem Fall gar nicht reagieren. Nur wenig besser sieht es aus, wenn sie nur eine Standardantwort posten. Wird hingegen individualisiert geantwortet, ändert sich die Wahrnehmung schlagartig: Wobei nur Verantwortungsübernahme die Herzen der Arbeitnehmerseite höher schlagen lässt. Abstreiten von Kritik jedoch, auch wenn es individualisiert geschieht, wird bloß als halbherzige Reaktion gewertet.

Augenhöhe erwünscht

„Über 85 % der Befragten antworteten auf die Zusatzfrage, dass sowohl die Wertschätzung des Bewerters als auch Verständnis für angemessene Kritik notwendige Bestandteile einer Unternehmensreaktion sein sollten. Auch die Erklärung weiterer Schritte, sowie die Angabe von Kontaktperson und Kontaktmöglichkeit sah mehr als die Hälfte als wichtig an.“ Es geht also um Höflichkeit und Wertschätzung, darunter machen es die (potenziellen) Arbeitnehmer:innen nicht. 93 Prozent der Befragten überzeugt ein individualisierter Kommentar vom Arbeitgeber.

Nicht nur, weil sich der Markt gedreht hat. Die Studie zeigt im Umkehrschluss auch, dass sich etliche Arbeitgeber in der Vergangenheit offensichtlich angewöhnt hatten, „vom hohen Ross herab“ zu handeln. Gar mancher ließ Bewerber wochenlang im Dunkeln oder behandelte die Kandidaten wie Bittsteller. Solches rächt sich heute vielfach. Mitarbeiterinnen wie Bewerber wollen respektvoll behandelt werden. Da macht manchmal schon ein Emoticon einen Unterschied. Noch besser ist es, wenn ein Unternehmen in Form eines realen und zuständigen Mitarbeiters reagiert: Mit Foto, Namen und Kontaktadresse. Ist das zu viel verlangt? Und eines noch: Vergessen Sie nicht, sich bei den Feedbackgeber:innen zu bedanken!

Wissenschaftlich interessant ist, dass sich die Forscherinnen unter anderem von der „Image Repair Theory“ leiten ließen, die vorhergesagt, dass Unternehmen bei Kritik versuchen, die Verantwortung des Unternehmens tendenziell abzustreiten oder den Umfang der unternehmerischen Verantwortung zumindest zu verringern. Diese Theorie wurde somit wieder bestätigt.

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