27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Von Königen und Hofnarren

INSPIRATION: Macht ist ein Wort, das zumeist negative Assoziationen weckt. Nicht nur bei Mitarbeitenden, auch bei Führungskräften. Gleich denken sie an Gewalt, an auf die Brust zielende Pistolen, an Sklaventreiber und Diktatoren. Das ist abschreckend. Welche Führungskraft will damit assoziiert werden? Welcher Mitarbeiter möchte eine solche Führungskraft haben? Niemand! Jedenfalls nicht in unseren demokratischen Breiten. Doch dieser Reflex ist einseitig und unglücklich. Was mache ich denn, wenn ich meinen Willen durchsetzen möchte und die Gegenseite nicht mitspielt? Dumm gucken? Gut zureden? Auf Verträge und das Direktionsrecht setzen? Mit Boni locken? Kündigen? Vor Gericht ziehen – und damit die Gewalt outsourcen?

Es ist hilfreich, zunächst einmal einen Schritt zurückzutreten, wie das Autor Falko von Ameln (Macht in Organisationen und ihre Schlüsselrolle für den Wandel) macht. In seinem eher philosophischen, aber gut lesbaren Grundsatzbeitrag stellt er zu Beginn gleich fest: Macht gab und gibt es immer schon. Und sie hat definitiv ihre guten Seiten. Wer Macht hat, kann gestalten. Für Menschen eine schöne Vorstellung, sich verwirklichen, soziale Umwelten, die Natur gestalten zu können. Macht ist daher nicht nur etwas Physisches, sondern zugleich Soziales. Indem wir im Laufe der Menschheitsgeschichte Rollen institutionalisiert haben, muss nicht der körperlich Stärkere der Mächtigere sein. Dies eröffnet neue Perspektiven – siehe: Wicki und die starken Männer. Machtverhältnisse sind mehrdimensional: Ich habe was, was du nicht hast. Wollen wir tauschen? Und was wäre der Mächtige, wenn ihm (oder ihr) niemand folgt? Und man kann mich vielleicht zwingen, einen Zentner Kohlen zu schleppen, aber nicht eine geniale Idee zu entwickeln.

Macht zu gestalten

„Im Gegensatz zur Macht beruht Einfluss nicht auf Belohnung oder Bestrafung (‚hard power‘), sondern auf einer Selbstverpflichtung, d.h. B folgt dem Wunsch von A aus Überzeugung, Respekt, Sympathie oder Loyalität.“ Macht ist nur ein Sonderfall von Einfluss. Das wussten charismatische Führer schon immer und das ist auch die Basis der Transformationalen Führung. Das verlangt aber Augenhöhe, Empowerment, Transparenz und Partizipation. Wer nicht bereit dazu ist, dem bleibt nur die rohe Gewalt, womit er seine prinzipielle Machtlosigkeit demonstriert.

Macht wird delegiert. Damit ist der Mächtige auch verantwortlich denen gegenüber, die ihm die Macht verliehen haben. Oft kommt es zu einer paradoxen Situation: „Macht versetzt Menschen in die Lage, etwas Gutes für Andere zu bewirken, verändert die Menschen dann aber so, dass diese positiven Qualitäten verloren gehen.“ Macht kann korrumpieren. Doch wer Macht missbraucht, dem wird sie entzogen. Mächtige bekommen kein Feedback mehr – oder nur das Klatschen der Claqueure. Wer also nicht abheben will als Führungskraft, der muss sich aktiv Feedback holen. Ehrliches Feedback bekommt man nur ohne vorgehaltene Waffe.

Die Funktion der Macht

Macht braucht deshalb einen Rahmen, Spielregeln – und ein Umfeld. Die Vorstellung omnipotenter Macht war immer schon eine Chimäre, ein Selbstbetrug. Machtdynamiken in Organisationen ergeben sich aus einem komplexen Zusammenspiel von Personen, Interaktionen, Organisation und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Daher ist eine wichtige Frage, wie man Macht gestaltet. Als Hierarchie oder Holacracy beispielsweise? Größere Gruppen sind ohne Hierarchie kaum steuerbar, wie die Forschung immer wieder belegt. Jede Form hat aber Vor- und Nachteile. Man kann es auch mit einer Mischung versuchen: Ambidextrie. Manche Zeitgenossen behaupten, das Ei des Kolumbus gefunden zu haben.

Die Funktion der Macht ist die Koordination in sozialen Systemen und die Sicherung des Überlebens. Womit wir beim Change-Management wären: Schöpfermacht und Sanktionsmacht müssen gut zusammenspielen. Schnell ergeben sich Konflikte. „Macht ist die Chance, nicht lernen zu müssen,“ zitiert Falko von Ameln den Sozialpsychologen Wolfgang Scholl. Veränderung kann erst dann gelingen, wenn sich Macht selbst relativiert. Es braucht also eine Feedbackkultur, vielleicht auch Coaching. Aber man wird es niemals allen recht machen können. Hilfreich wäre, so argumentiert Falko von Ameln, zwischen oben und unten eine vermittelnde Instanz zu haben: die interne Beratung. Doch diese braucht, neben Kompetenz, ein starkes Mandat, um wirksam sein zu können. Früher soll diese Rolle der Hofnarr innegehabt haben, heute schadet ein akademischer Abschluss zusätzlich sicher nicht. Die Macht bleibt. Die Ohnmacht auch. Macht nichts.

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