INSPIRATION: In der sogenannten Sandwich-Position bekommt man Druck von oben und unten. Mit dem Agilitätspostulat rollt nun eine weitere Breitseite auf die Führungskräfte zu. Das Bashing der Middle Manager ist beliebt – aber oft ungerecht.
„Die Realität in Organisationen ist oft alles andere als agil. Viel mehr arbeiten sich vor allem mittlere Manager an Organisationsroutinen und komplizierten Strukturen mit vielen anspruchsvollen Stakeholdern ab.“ Vor lauter interner Komplexität kommt man kaum zum Arbeiten – und dann stört auch noch die Kundschaft … Wer da als Middle Manager den Befreiungsschlag versucht, macht sich schnell Feinde, so Autorin Regina Bergdolt (Von wegen Lehmschicht). Dann schlägt das „Imperium“ zurück – und zwar im Doppelschlag. Einer muss schließlich schuld sein …
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Und schon macht die Rede von der Lehmschicht die Runde. Sie verhindere, dass das Wasser von oben nach unten durchsickern könne. Oder die Klage über die Lähmschicht: Die Leute da oben, die es sich auf ihren Führungsposten bequem gemacht hätten, würden die guten Ideen von unten nicht weiter nach oben tragen. Die Mitte blockiert also, so die Legende. Und zwar aus Eigennutz oder Bequemlichkeit.
Sündenböcke
Was dann folgt ist absehbar: Wo man als Führungskraft eben noch ein Problem hatte, ist man nun selbst eines geworden. Und Probleme müssen weg, das ist doch allen klar. Was liegt nun näher, als die vermeintlich trägen Middle Manager durch agilere Kollegen zu ersetzen? Das ist wie im Fußball: Wenn die Mannschaft nicht performt, muss ein neuer Trainer her. Oder noch radikaler: Weg mit der störenden Managementebene!
Ich erinnere mich an ein Lied, das einst der damals ostdeutsche Liedermacher Wolf Biermann sang: „Es war einmal ein Mann, der trat mit seinem Fuß, mit seinem nackten Fuß in einen Scheißhaufen. Er ekelte sich sehr vor seinem einen Fuß, er wollte mit diesem Fuß kein Stück mehr weitergehen. Und Wasser war nicht da zu waschen seinen Fuß, für seinen einen Fuß war auch kein Wasser da. Da nahm der Mann sein Beil und hackte ab den Fuß, den Fuß hackte er ab in Eil mit seinem Beil …“.
Oder: Leistungsträger
Autorin Regina Bergdolt wäre diese „Lösung“ nicht nur zu radikal. Sie bricht stattdessen eine Lanze für die Middle Manager. Diese
- sind gut informiert und strategisch ambitioniert
- sind hervorragend vernetzt, nach innen wie außen
- erkennen die Schwachpunkte ihrer Organisation wie Seismografen
- sind starke Hebel der Veränderung und geben wichtige Entwicklungsanstöße
Wer die Kolleg:innen „zwischen den Stühlen“ pauschal angreift, individualisiert vermutlich eher Organisationsprobleme. Doch das „war jedoch noch nie Ersatz für gezielte Organisationsentwicklung“, so Autorin Bergdolt. Das Top-Management sollte sich folglich davor hüten, dem Middle Management mittels Mikromanagement ins Geschäft hineinzuregieren. Es soll es vielmehr wertschätzen und stärken. Beispielsweise auch durch Training und Coaching. Peer-Learning-Angebote hält sie für gute Maßnahmen. Gleiches müsste man wohl umgekehrt von der Basis, vom Shop Floor, fordern: Das Middle Management ist eine Ressource. Nutzt sie positiv!