INSPIRATION: Fritz Simon, ein bekannter systemischer Organisationsberater, hat ein neues Buch geschrieben und gibt dazu drei Interviews in der wirtschaft + weiterbildung. In Teil 1 beklagt er die Blödheit der Konzepte, die uns immer wieder angeboten werden. Sie sind viel zu simpel, als dass sie funktionieren könnten – und werden vermutlich deshalb immer wieder so begeistert aufgenommen. Aber die Welt besteht aus dem Dreiklang biologisches System, psychisches System und soziales System, welche jedes für sich schon komplex genug ist. Wenn man dann noch die Interaktion zwischen ihnen betrachtet, „explodiert die Komplexität vollends.“
Ich gestehe, dass ich mit den Vertretern der Systemtheorie so meine Probleme habe. Das sollte – ausnahmsweise – mal nicht als Kritik verstanden werden, denn gemeint ist, dass ich mich einfach schwer tue, ihre Beiträge zu verstehen. Und mich immer freue, wenn jemand die Dinge verständlich rüberbringt. In dem Interview gelingt das leidlich.
So viel aber habe ich verstanden: „Die Art und Weise, wie wir beobachten, formt unsere Wahrnehmung, unser Denken und Fühlen und in der Folge: unsere Entscheidungen.“ Will sagen: Wir als Beobachter und Beschreiber von sogenannten Tatsachen greifen damit in das beobachtete Geschehen ein, z.B. in ein soziales Gefüge, und verändern es.
Für mich nach wie vor das anschaulichste Beispiel: Wenn ich Menschen für faul und bequem halte, werde ich meine Beobachtungen von Verhalten darauf ausrichten und natürlich Belege hierfür finden. Dann werde ich entsprechend reagieren (als Führungskraft z.B. indem ich Vorschriften erlasse, kontrolliere, ermahne und lobe). Damit wirke ich auf andere und ihr Verhalten ein und bekomme eventuell ein Team, das alles daran setzt, meinem Bild gerecht zu werden. Oder mir das Gegenteil beweisen will…
Fritz Simon verwendet in dem Interview („Auf die Kopplung von Systemen kommt es an“) eine Metapher, die wir aus dem NLP kennen: Die Landkarte ist nicht das Land. Wenn ich eine Wanderkarte nutze, um mit dem Auto nach Italien zu fahren, werde ich wohl kaum ankommen, ebensowenig, wenn ich den Straßenatlas von Europa zum Wandern verwende. Beide bilden nicht das Land ab, das sie vorgeben darzustellen. Was wiederum bedeutet, dass wir alle unsere inneren Landkarten immer wieder hinterfragen und anpassen müssen, um eine für unsere Ziele adäquate Form zu finden.
Noch ein praktisches Beispiel aus dem Interview, das man gar nicht oft genug wiederholen kann: Wenn in einer Organisation Menschen wegen Burn-outs ausfallen, führt die Landkarte „psychisches System“ allein dazu, sie in entsprechende Kliniken zu schicken. Schaut man sich aber die Wechselwirkung zwischen Organisation und Mensch an (eine andere Landkarte), würde man vermutlich die Spielregeln ändern, damit es erst gar nicht zum Burn-out kommt.
Ist vielleicht doch gar nicht so schwierig, die „Landkarten“ der Systemtheoretiker zu verstehen. Bin gespannt auf Teil 2 und 3.