23. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Coaching als Investition

KRITIK: Coaching ist eine Investition. Dem mag man gerne zustimmen. Es kostet Coach-Honorar und ausgefallene Arbeitszeit, aber es bringt auf der anderen Seite (hoffentlich) einen Nutzen. Autor Felix Müller fühlt sich gemüßigt, die Ansage zu präzisieren: „Ohne messbaren Nutzen mit smarten Zielen bleibt Coaching ein „Nice-to-have“ und ist keine „richtige“ Investition“ (Coaching als Investition). Auch dem mag man zustimmen – Wastian & Pötschki (2016) haben schon ähnlich argumentiert (Zielklärung und Zielerreichung im Coaching). Die entscheidende Frage ist bloß: Was wollen wir als Nutzen bezeichnen? Und wie wollen wir den Nutzen bewerten?

Nun ist Felix Müller Betriebswirtschaftler. Diese Berufsgruppe neigt leider dazu, solche Fragen arg zu simplifizieren, indem sie Nutzen auf – angeblich – harte Faktoren reduziert: Zahlen nämlich. Dabei werden aus Sicht anderer Professionen gerne Äpfel und Birnen in einen Topf geworfen. Ein Beispiel: „Der Erfolg des Coachings lässt sich dann sehr schnell ermitteln, wenn man die Recruiting-Kosten eines Mitarbeiters mit der Anzahl der verhinderten Kündigungen multipliziert.“ Was soll das anderes sein als grober Unfug? Es wird im Weiteren nicht besser. Der Autor wird selbst seinem eigenen Anspruch, smarte Ziele zu definieren, nicht gerecht: „Max Meier soll sein Führungsverhalten so verändern, dass seine Mitarbeiter mehr Freiräume erhalten.“ Ist das spezifisch? Mitnichten.


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Ein instrumentalistisches Coaching-Verständnis

Leider ist auch das den ganzen Beitrag durchziehende Coaching-Verständnis schlicht instrumentalistisch. Es sollen Mitarbeiter verändert werden, ihr Verhalten, ihre Werte, ihre Glaubenssätze. Ein sehr reduktionistischer und dirigistischer Ansatz. Betriebliche Probleme resultieren aber nicht nur aus Mitarbeitern, die – angeblich – nicht „richtig“ funktionieren. Ebenso spielen die Arbeitsgestaltung, die Zusammenarbeit und das Führungsverhalten eine Rolle beim „richtigen“ Funktionieren. Man muss leider feststellen: Von den Grundlagen professioneller Evaluation scheint der Autor keine Ahnung zu haben. Die Engführung auf den zu coachenden Mitarbeiter ist sträflich. Coaching-Aufträge der Form „Ändern Sie mir mal das Verhalten von Herrn Meier“ sind aus ethischen Gründen abzulehnen. Das ist kein Coaching, sondern Sozialklempnerei, Personenreparaturwerkstatt.

Coaching ist eine Dienstleistung – wie Greif schön herausgearbeitet hat (Evaluation von Coaching). Erwartungen der Form „Sobald man aber klar messbare Ziele definiert, müsste ein erfahrener Coach in der Lage sein, genauer abzuschätzen, wie viel Zeit eine Zielerreichung benötigt“ konstituieren aber einen Werkvertrag. Siehe oben: Motivationsölwechsel für 50 Euro.

Coaching ist eine Investition. Dem sei nicht widersprochen. Doch auch vom Betriebswirtschaftler kann man mehr verlangen als solche Plattitüden und davon abgeleitete Stilblüten. Ist es etwa zu viel verlangt, das Thema einmal entlang der Balanced Scorecard (BSC) zu argumentieren? Das hätte eine mehrdimensionale Perspektive eröffnet, mittels derer wir das Thema differenzierter und niveauvoller hätten diskutieren können. Mensch, Betriebswirt! Schon Oscar Wilde meinte: „Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allem den Preis und von nichts den Wert kennt.“

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