REZENSION: Stefan Stenzel – Die Zukunft des Coaching-Business. Neuausrichtung an der Lebens- und Arbeitswelt des Klienten von morgen. SpringerGabler 2022.
Ungezählte Bücher über Coaching-Techniken wurden mittlerweile schon geschrieben und etliche davon auch bei MWonline vorgestellt. Interessanterweise scheint sich die Betrachtungsweise des Themas Coaching mittlerweile aber zu erweitern: Zum einen in Form einer differenzierten Betrachtung des Coaching-Marktpotenzials (Geschäft statt Hobby) oder aber als Reflexionen über das Coaching-Business als solches (Business-Coaching: quo vadis?). Das hier rezensierte Buch von Stefan Stenzel fügt sich in diese Reihe ein und wagt dabei inhaltlich den „ganzen großen Wurf“.
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Nach ersten Geleitworten der Coaching-Pioniere Uwe Böning (der darin explizit vor dem „wenig erotischen Inhaltsverzeichnis“ warnt) und Elke Berninger-Schäfer sowie Daniel Vonier (SAP SE) steigt der Autor mit einer ausführlichen Betrachtung der technologischen Veränderungen ein, die durch die fortschreitende Digitalisierung bzw. „Big Data“ bewirkt werden. Das zweite Hauptkapitel betrachtet dann demografische und soziologische Gesellschaftsveränderungen. Wobei die daraus resultierende „Diversity“ gleichzeitig als Chance wie auch als Herausforderung verstanden werden sollte. Im dritten Hauptkapitel – unter der etwas sperrig-zeitgeistigen Überschrift „(Sozial-)Psychologische Gesellschaftsveränderungen“ – geht es um „Ambidextrisches Handeln in VUCA-Situation“; mit Unterabschnitten wie „Reflexive Lebensführung statt solipsistischem ‚Business Coaching‘“. Unter der leichter eingängigen Überschrift „Veränderungen in Wirtschaft und Unternehmen“ werden dann unter anderem die Geschäftsmodelle der New Economy betrachtet oder neue Beschäftigungsverhältnisse. Bevor das letzte Hauptkapitel „Ethik als Imperativ für die kommenden Veränderungen“ fordert. Und anstelle des sonst üblichen Nachwortes endet das Buch mit einem expliziten Vordenken in mehreren Szenarien.
Konsequenzen für Coaching
Der besondere Kunstgriff der hier stark zusammengefassten Inhalte besteht darin, dass zunächst viele allgemeine Trends der neuen Arbeitswelt kraftvoll-differenziert beschrieben werden. Danach wird aber eine durchgängige Betrachtung entlang der Kategorien „Vermutete Konsequenzen für den Klienten / den Service Coaching / den Coach und das Coaching“ vorgenommen – also für jeden Unterpunkt weitere drei Unterpunkte. Mit dieser Vorgehensweise akkumulieren sich dann die knapp 450 Seiten Text, die dann auch den ebenfalls stattlichen Ladenpreis von knapp 60 Euro rechtfertigen helfen. Insgesamt also eine geballte Fleißarbeit für ein laut Autor ausgewiesenes Erstlingswerk mit Potenzial für eine Dissertation.
Doch was ist zu den Inhalten zu sagen? Hierbei tut sich der Rezensent mit dem finalen Urteil schwer: Durchgängig stimmt zunächst einmal alles, was im Text steht, zumindest „gefühlt“. Vieles wurde schon an anderer Stelle beobachtet und beschrieben, aber nicht unbedingt auf das Thema „Coaching“ übertragen. Insofern ist das Buch zweifelsohne eine intellektuelle Leistung.
Zielgruppe
Bleibt allerdings die Frage nach der Zielgruppe des Buches offen: (Potenzielle) Klienten, also „Coachees“, kämen natürlich als weitgefasste Leserschaft in Frage. Sie dürften sich aber üblicherweise nicht in dieser „Flughöhe“ mit dem Thema „Coaching“ beschäftigen, sondern einfach auf diese Dienstleistung zugreifen wollen. So geht der Blick auf die Zielgruppe der professionellen Coaches. Doch werden diese sich mit dieser anspruchsvollen „Meta-Literatur“ beschäftigen wollen? Oder suchen sie nicht doch eher nach Tools und Tipps?
So verbliebe als dritte Zielgruppe die der Intellektuellen und Connaisseure des Themas „Coaching“. Sie wollen ihr eigenes Bewusstseinsniveau vertiefen. Sie mögen in dem Buch tatsächlich jede Menge aktuelles Gedankengut vorfinden, das inhaltlich weit über „Coaching(-techniken)“ hinaus geht. Denn es enthält mehr als im Titel angekündigt. Nicht nur eine Rundum-Betrachtung der „Zukunft des Coaching-Business“. Sondern vielmehr eine der künftigen Geschäftswelt im Allgemeinen. Wer mit einer solche Aufgeschlossenheit an die Lektüre herangeht, für den mag sich die Investition dann rasch wieder amortisiert haben …