18. Juni 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Dosenöffner für das agile Mindset?

INSPIRATION: Das Stichwort Mindset ist beliebt. Immer wieder wird an es appelliert oder es förmlich beschworen. Wissenschaftler wollen es jetzt messen können. Haben wir nun den ultimativen Dosenöffner zur Hand?

Lange nicht hat mich eine Überschrift so neugierig gemacht wie diese zum agilen Mindset. Schließlich habe ich mich schon einige Mal despektierlich zum Buzz-Word geäußert (Das gewisse Etwas). Die Autoren Karen Eilers und Christoph Peters (Das agile Mindset) beklagen, dass zwar agile Strukturen (doing agile) inzwischen gut definiert seien, doch die Kultur, „being agile“, leider nicht. Solches wäre für sie „der Mensch mit seinen Einstellungen, internen Strukturen, Verhaltensweisen und Teamdynamiken“. Also ein ziemlich weites Feld.


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Forschungsstudie

Um hier weiterzukommen, führten sie 15 Experteninterviews, in denen sie nach deren Verständnis sowie nach deren Erfolgs- und Risikofaktoren fragten. Und siehe da, sie fanden – nicht näher spezifizierte – Übereinstimmungen mit den Konzepten psychologisches Empowerment, Kundenorientierung oder Offenheit. Flugs machten sie sich daran, Items für einen Fragebogen zu entwickeln. Dieser wurde dann online an über 400 Menschen überprüft (Gütekriterien). Das Ergebnis: Das agile Mindset ist nach dieser Studie „eine Einstellung eines Individuums“, die über 20 Items gemessen werden kann und vier Kerndimensionen aufweist:

  • Kontinuierliche Lernorientierung
  • Kollaborativer Austausch
  • Kunden-Ko-Kreation
  • Befähigte Selbstführung

Der nächste Schritt war absehbar: Fragebogen zur organisationalen Agilität und zur Unternehmensleistung waren schnell bei der Hand. Schon konnte das statistische Besteck zum Einsatz kommen. Das so flugs postulierte agile Mindset der Befragten sollte positiv mit der organisationalen Agilität zusammenhängen, „und diese wiederum mit der Unternehmensleistung positiv in Verbindung stehen“. Die Korrelationen waren signifikant. Es zeigt sich „eine vollständige Mediation von agilem Mindset auf die Unternehmensleistung über die organisationale Agilität.“

Na, sowas …

Was sich hier so wunderbar und scheinbar schlüssig offenbart, wirft allerdings etliche Fragen auf. Die Items erscheinen so pauschal und allgemeingültig, dass man damit, wenn nicht alles, so doch ziemlich viel messen kann. Und sie erscheinen stark sozial erwünscht. Und wenn man dann auch noch selbstwertunterstützende Aussagen machen darf. Ist doch alles geritzt, nicht wahr?

Aus der Forschung wissen wir, dass explizite Einstellungen oft überzogen positiv geäußert werden. Die Wenigsten würden – vor dem Supermarkt befragt – von sich behaupten, sie seien kapitalistische Nutznießer. Im Gegenteil: Sie finden Fair-Trade-Produkte gut. Nur kaufen sie sie nicht in dem behaupteten Ausmaß – wie ein Blick auf das Band der Supermarktkasse schnell offenbaren kann. Es bräuchte also objektive Vergleichsdaten.

Etliche Fragen bleiben offen

Alle Variablen der Umfrage, schränken die Autoren selbst ihre Studienergebnisse ein, stammen aus einer Quelle. Die Richtung der Zusammenhänge bleibt unklar – Korrelationen sind keine Kausalitäten. Letztlich, so könnte man resümieren, ist, was die Leute sagen, das eine, was sie tun, das andere. Deshalb müsste man in die Praxis eintauchen, sich den Kontext anschauen, experimentieren. Und hatte man zu Beginn des Beitrags nicht noch von Kultur gesprochen? Geliefert wurde am Ende diesbezüglich aber nichts. „Mit unserer Studie bieten wir ein Sprungbrett für eine genauere Betrachtung des agilen Mindsets in verschiedenen Bereichen und tragen zum Erfolg der organisationalen Agilität in der Praxis bei.“

Doch bei Licht betrachtet, ist das eine ziemlich großspurige Behauptung. Wir stehen hier erst am Anfang. Die Studienergebnisse werden sicher nun die eine oder andere Führungskraft auf die Idee bringen, ihre Mitarbeitenden mit diesem „Instrument“ zu befragen. Um dann anschließend wieder fleißig – den Mindshift zu predigen. Wie habe ich letztens doch erst so treffend gelesen: „Holz entzündet sich nicht dadurch, dass jemand das Wort Feuer auf ein Stück Papier schreibt und danebenlegt“ (Am Lagerfeuer).

Empowerment-Kultur

Wir waren doch längst weiter: Wenige Seiten vor diesem Beitrag haben die Autoren Carsten Schermuly und Matthias Meifert über genau dieses Thema geschrieben (Empowerment-Kultur als Voraussetzung für erfolgreiches New Work). Ihr Credo liest sich konträr: „Wir sehen den Erfolg und Misserfolg von New Work weniger in der Persönlichkeit von Menschen begründet, sondern in den in der Organisation geteilten Normen und Werten.“ Und längst liegt auch ein Messinstrument für die Psychological Empowerment Culture (IMPEC) vor. Die Fragerichtung lautet dort folglich „In meiner Organisation …“ und nicht wie in der Studie von Eilers und Peters „Ich …“.

Das Fazit von Schermuly und Meifert lautet daher: „Die Persönlichkeit und damit das ‚Mindset‘ von Mitarbeitenden ist über die Zeit und Situationen relativ stabil und bietet wenige Ansätze zur Veränderung. Organisationskulturen bekommen Menschen dagegen in Organisationen vorgelebt und erwerben diese durch eine organisationale Sozialisation.“ Die Perspektive macht halt den Unterschied.

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Ein Gedanke zu “Dosenöffner für das agile Mindset?

  1. Wer die Motive -prioritär:
    • Erkenntnis
    • Abwechslung
    Wer die Werte -prioritär:
    • Komplexität
    • Offenheit
    und die Begabung -prioritär:
    Logisch-mathematische Intelligenz

    sein eigen nennt, ist agil. Das agile Mindset eines Menschen kann man nicht lernen, es ist mit der Person erwachsen.
    Es macht den Unterschied zwischen Menschen. Wir brauchen auch nicht-agile Persönlichkeiten

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