17. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Erlaubnis zum Experimentieren

INSPIRATION: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner). So banal sich dieser Spruch anhört, so treffend ist er. Und dieser Beitrag (Experimentelle Organisationsentwicklung) ist mal wieder ein schönes Beispiel dafür. Die Autoren stellen fest, dass gar mancher in der Praxis zu zaghaft sei. Man will nichts falsch machen im Change-Management. Verständlich. Doch: Wer nichts wagt, der nicht gewinnt. Daher plädieren die Autoren für Experimente.

Das ist keine wirklich neue Idee, doch in der Umsetzung eine trickreiche. Sie schlagen nämlich vor, das wissenschaftliche Vorgehen zu kopieren. Da wird vermutlich der eine oder die andere gleich in Hab-Acht-Stellung verfallen. Das mag nicht schlecht sein, es scheint Teil der Dramaturgie zu sein. Drücke ich mich kryptisch aus? Nun, ich will es erklären und dafür eine paar kleine Schleifen laufen, die das erhellen sollen.


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Wie gehen Wissenschaftler vor? Sie formulieren zunächst eine Fragestellung und einige Hypothesen dazu. Das ist – kleiner, augenzwinkernder Seitenhieb – sozusagen das Gegenteil dessen, was manche Menschen heute mit KI machen: Sie finden in Big Data irgendwelche Muster und überlegen dann, welche Theorie das ergeben könnte. Die Wissenschaftler gehen den Weg aber nicht von hinten, sondern von vorne: Sie basteln sich einen Testparcour und testen ihre Annahmen in der Praxis. So sehen sie, ob sie ihre Hypothesen bestätigen können. Das nennt man verifizieren. Das – noch ein kleiner Exkurs – reicht Wissenschaftlern zwar nicht, sie versuchen, Regeln zu falsifizieren. Doch das blenden wir einmal aus, weil es sonst vielleicht zu kompliziert wird. Otto Normalverbraucher begnügt sich also mit dem Verifizieren – eine Annahme soll sich in der praktischen Überprüfung bewahrheiten. Das reicht für den Unternehmensalltag. Es geht dort zumeist nicht um den Stein der Weisen, sondern (bloß) um eine temporäre Marktgängigkeit.

Genug der Schlenker! Welche schlaue Idee haben nun unsere Autoren? Sie schlagen vor, dass man in Organisationen einfach mehr experimentieren soll. Was braucht man dafür? 1. Eine Annahme, die man überprüfen möchte. 2. Raum und Zeit. 3. Mitarbeiter und deren Aufmerksamkeit. Und: Ab geht die Post! So einfach. Mitarbeiter werden zu Forschern. Und sammeln dann hoffentlich hilfreiche Erkenntnisse ein.

Nun könnte man sagen: wie banal. Ist es auch. Aber es wird in der Praxis schlicht viel zu wenig und zu wenig systematisch gemacht. Man traut sich nicht, ist zu zögerlich und bleibt nicht dran. Wertet das Experiment als „Jugend forscht“ ab. Das Trickreiche am Vorschlag der Autoren ist nun, und sie selbst stellen das gar nicht so groß in den Vordergrund: Man liefert eine Cover-Story. Die ganze Versuchsanordnung kommt einer großen Erlaubnis gleich. Manche nennen das Empowerment. Wenn man beschließt zu experimentieren, unterstellt man damit, dass man nicht weiß, ob man auf dem richtigen Weg ist, die „Wahrheit“ bereits gefunden hat. Man lässt Zweifel zu. Man fragt: Was wäre, wenn? Oder: Stellen wir uns mal vor, es würde Folgendes sein… Ein großes „Als-ob“. Ein Konjunktiv. Steve DeShazer und Insoo Kim Berg nannten das auf ihre unvergleichliche Art: Suppose…! Wenn ich so vorgehe, werden – im wahrsten Sinne des Wortes – Wunder möglich. Oder zumindest (mehr oder weniger große) Überraschungen. Und das wäre doch gut!

Christina Grubendorfer nutzt dieses Vorgehen schon länger im Rahmen der Organisationskulturveränderung. Sie spricht von fünf Hebeln: „1. Kultur beobachten! 2. Vermeintlich Selbstverständliches interessant finden! 3. Visionen, Ziele und Strategien für das Unternehmen entwickeln und in die Kommunikation bringen! 4. Eine kritische Masse von Leuten einstellen, die „stören“ und zur angestrebten und nicht zur aktuellen Kultur passen! 5. Jetzt kommt’s: Proberäume für neue Kommunikationsmuster schaffen, in denen wie gewünscht kommuniziert werden kann!“

Alles was es dafür braucht, ist Initiative und den dramaturgischen Rahmen. Und wenn man scheitert? Macht doch nichts: Man experimentiert doch nur. Man meint es doch bloß gut. Und oft genug wird es dann auch gut.

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