1. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Formale Rolle als Joker

INSPIRATION: Den Satz hört man ständig: „Die beste Fachkraft ist nicht automatisch die beste Führungskraft.“ Aber diesen Satz eher selten: „Die Fachexpertise macht mindestens 50% der Führungsautorität aus, eher mehr.“ Gefunden in einem Interview mit einer Bundeswehr-Offizierin, die Interessantes über die Rolle von Führungskräften und Werten erzählt („Im Auge des Sturms“).

Abgeleitet wird diese Behauptung aus der Tatsache, dass die Geführten einer Führungskraft im Ernstfall nur vertrauen werden, wenn sie sicher sind, dass sie Ahnung von der Materie hat, schließlich geht es auch um das eigene Überleben. Wer würde in einem solchen Moment auf jemanden hören, der den Job bekommen hat, weil ihm jemand das Potenzial zur Führungskraft bescheinigt hat, aber von Kampfeinsätzen nichts versteht? Deshalb, so die Offizierin, braucht es beim Militär sogar noch mehr fachliche Kompetenz als 50%.


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Fachlichkeit vs. Führungskompetenz

An zweiter Stelle folgt die persönliche Autorität. Deren Wert setzt sie bei 30 bis 40% an. Verlässlichkeit, Sozialkompetenz und all die vielen „weichen Faktoren“ spielen eine große Rolle, ob jemand als Führungskraft erfolgreich ist. An letzter Stelle mit einem kleinen Anteil von 10% folgt die Autorität, die auf dem Dienstgrad basiert. Und dann folgt ein bemerkenswerter Satz. Gefragt, ob die formale Autorität so eine Art Joker sei, der möglichst selten gezogen werden sollte, meint sie: „… wenn man den Joker zieht, heißt das oft auch, dass die persönliche und fachliche Autorität schon fehlgeschlagen ist.“

Das Dumme bei vielen Führungsbeziehungen ist aber leider, dass die Führungskraft es mitunter gar nicht mitbekommt, auf welcher Basis Mitarbeiter ihre „Anweisungen“ umsetzen. Wenn ein Vorstand etwas entscheidet und das wird genau so gemacht, kann es sein, dass die „Geführten“ sich sagen: „Stimmt, das hat Hand und Fuß, es überzeugt mich inhaltlich.“ Oder sie sagen: „Ist fachlich schwierig zu begründen, aber er/sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und ich vertraue ihm.“ Es kann aber auch sein, dass die „Gefolgschaft“ denkt: „Ober sticht unter. Ich sehe das ganz anders, bloß nicht widersprechen, das gibt Ärger und schadet der Karriere.“

Selbst- vs. Fremdwahrnehmung

Jede Wette, wenn Sie Führungskräfte befragen, werden diese ihnen antworten: „Die meisten meiner Mitarbeiter würden mir offen sagen, wenn sie mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind. Wenn kein Widerspruch erfolgt, kann ich sicher sein, dass die Entscheidung akzeptiert wird.“ Und jede Wette, dass bei der gleichen Frage viele Mitarbeiter dieser Führungskräfte zu einem gänzlich anderen Ergebnis kommen.

Wie wäre es mit dem folgenden „Führungsinstrument“: „Ich habe Folgendes entschieden. Bitte sagen Sie mir, ob Sie dieser Entscheidung folgen, weil Sie a) fachlich überzeugt sind, dass es die richtige Entscheidung ist b) weil sie fachlich nicht sicher sind, aber mir vertrauen oder c) weil ich Ihr Chef bin.“ Könnte jedem Chef helfen, ein Gefühl dafür zu bekommen, warum seine Leute ihm folgen. Und den Mitarbeitern die Chance einräumen, eine ehrliche Rückmeldung zu geben.

Der Wert der Werte

Eine zweite Passage in diesem Interview fällt auf. Als Führungskraft kommt man immer wieder in ein Dilemma. Wenn Dinge sich wiederholen und die Diskussionen zu keinem Ergebnis führen, kann man die Dinge nicht ewig laufen lassen. Von oben herab zu entscheiden ist aber auch nicht richtig. Dann kommt es auf die Werte an, die man vertritt. Die Offizierin nennt ein Beispiel. Lautet das Wertekonstrukt: „Meine Leute sind mir wichtiger als der einzelne Euro, den ich verdiene,“ dann habe ich eine klare Orientierung. In diesem Fall wird man, bezogen auf die Diskussion, eher einen Weg wählen, bei dem eine einvernehmliche Lösung gefunden wird.

Ansonsten vertritt sie allerdings auch Ansichten, wie ich sie aus vielen Organisationen kenne. Die Rolle der Führungskraft ist mit der von Eltern vergleichbar. Sie gibt klare Regeln aus, sorgt für Ordnung und Gerechtigkeit, motiviert Mitarbeiter, indem sie ihnen Aufgaben zuteilt, die leicht über deren üblichem Leistungsniveau liegen und motiviert sie dadurch. Da schimmert sie dann doch durch, die alte „Mutter der Kompanie“, wenn auch mit kleinen Modernisierungen.

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