4. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Gekränkte Führungskräfte

KRITIK: In den meisten größeren Unternehmen dürften sich Führungskräfte schon der Beurteilung durch ihre Mitarbeiter gestellt haben. Viele auch zusätzlich noch der durch Kollegen, Vorgesetzte und Kunden – und das alles mit einem „Feedbackinstrument“. Viel bringt es nicht, und die Führungskräfte werden damit sogar in ihrer Rolle geschwächt. Das aber kann nicht das Ziel sein.

Zunächst bin ich doch ziemlich überrascht, dass solche Erkenntnisse im Jahr 2019 veröffentlich werden. Diese Diskussion haben wir vor 20 Jahren geführt und und sind dabei zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. Immerhin, es gibt wohl Studien (eine Meta-Studie stammt aus Süd-Korea), nach der solche „Multi-Source-Verfahren“ einen positiven Effekt auf die wirtschaftlichen Erfolge der Organisation haben. Andere Untersuchungen ergaben geringe Verbesserungen von Führungsverhalten (Tief getroffen).


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In dem Beitrag der OrganisationsEntwicklung berichtet die Autorin von ihren Erfahrungen als Coach. Danach sind viele Führungskräfte frustriert oder gar gekränkt, wenn sie mit den (anonymen) Ergebnissen konfrontiert werden. Eine wesentliche Ursache sieht sie darin, dass die Organisation (sprich: die Hierarchie) von ihnen die Umsetzung von Zielvorgaben und Veränderungsvorhaben verlangt. Aber wenn die betroffenen Führungskräfte anschließend dafür schlechte Bewertungen von ihren Mitarbeitern bekommen, disee im Regen stehen lässt nach dem Motto: „Dann müsst Ihr das eben besser hinkriegen …“ Die armen Führungskräfte müssen das ausbaden, was an anderer Stelle entschieden wurde, auf das sie selbst aber keinen Einfluss haben.

Im Regen stehen

Dass die Ergebnisse in der Regel quantitativ ausgewertet werden, trägt auch zur Verunsicherung bei – vielen Betroffenen fällt die Interpretation schwer. Vor allem, wenn ihnen dann noch die Durchschnittswerte der Kollegen präsentiert werden.

Natürlich hängt es von vielen Dingen ab, wie eine Führungskraft auf kritische Rückmeldungen reagiert: Wie stark fühlt sie sich in ihrem Selbstkonzept bedroht? Tendiert sie zu einem überzogen positiven Selbstbild? Und je nachdem, wie der Prozess abläuft, wird die mögliche Wirkung noch weiter abgeschwächt. Zum Beispiel, weil zwischen der Rückmeldung und einem gemeinsamen Gespräch mit den Mitarbeitern zu viel Zeit vergeht. Oder wenn die Führungskraft mit den Ergebnissen zu ihrem Vorgesetzten und sich dort rechtfertigen muss. Oder wenn HR die Ergebnisse zum „Monitoring“ nutzt und weitere Sanktionen daran knüpft.

Eine „Allzweckwaffe“ soll es dann richten: Der Feedbackworkshop. Das Dumme ist, dass Mitarbeiter sich leicht tun, in einem Fragebogen niedrige Werte anzukreuzen. Aber dann im direkten Feedback viel vorsichtiger sind. Sie sind auch der Meinung, mit ihrer Rückmeldung hätten sie schon ihren Beitrag geleistet, jetzt wäre doch erst mal die Führungskraft an der Reihe, sich zu hinterfragen und zu verbessern. Also halten sie sich in den Workshops meist eher zurück.

Bilaterale Dialoge und Retrospektiven

Ich kann vielen der angesprochenen Kritikpunkten nur zustimmen. Ich halte inzwischen die typischen Fragebögen auch für mehr als fragwürdig. Und die Anonymität macht vieles eher schlimmer als besser. Dass die Führungskräfte gar nicht selbst für die Folgen ihres Handelns verantwortlich gemacht werden, es vielmehr ihre Rolle ist, die sie ausfüllen, überzeugt mich allerdings nicht. Und schon gar nicht kann ich dem Argument folgen, dass man damit Führungskräfte dazu erzieht, es jedem recht machen zu wollen und eher Beliebtheit als Verhalten erfasst wird.

Wer den Job als Führungskraft übernommen hat, weiß, dass er mit Entscheidungen von oben zu tun hat. Und diese manchmal nicht mit seinen Überzeugungen vereinbar sind. Wenn er diese nach unten umsetzt und dafür im Feedback Prügel bekommt, hat er seinen Job nicht gut gemacht. Entweder er steht hinter den Entscheidungen, dann kann er sie auch überzeugend vertreten. Oder er steht nicht dahinter, dann muss er das nach oben überzeugend vertreten. Ich habe genügend Führungskräfte erlebt, die das schaffen. Und wenn sie sich nach oben nicht durchsetzen konnten, zumindest für den Versuch große Hochachtung von ihren Mitarbeitern ernteten.

Dennoch würde ich heute die Finger von solchen „Instrumenten“ lassen. Allein die Kombination „Feedback“ und „Instrument“ ist schon gruselig. Wie die Autorin glaube ich, dass konkrete Rückmeldungen im Alltag viel größere Wirkung erzielen. Das schmeckt den Managern im Cockpit nicht. Die dann keine Zahlen über die „Qualität“ ihrer „Human Resources“ bekommen und nicht „steuern“ können. Und das gefällt auch HR nicht, weil es dann keine schönen Tools hat, die man unter’s Volk bringen kann.

In der Feedbäckerei

Aber wenn sich Mitarbeiter und Führungskräfte anlässlich konkreter Aufgaben und Tätigkeiten darüber austauschen, was gut und was weniger gut gelaufen ist, und was jede Seite besser machen kann, würde Feedback Wirkung erzielen. Ich weiß, genau das wünschen sich Personalentwickler. Und sie halten die Befragungsinstrumente für einen möglichen Weg, die Menschen zu diesem Austausch zu zwingen. Aber warum initiieren sie nicht regelmäßige „Retrospektiven“? Bei denen meinetwegen alle zwei Wochen oder einmal im Monat oder nach jedem Prozessschritt kurz darüber gesprochen wird, was wer prima hingekriegt hat und wo man sich für die Zukunft etwas Änderungen wünscht?

Was, bitte schön, ist daran so schwierig? Klar, das kostet Zeit und Aufwand. Aber ist dieser wirklich größer als derjenige, einen Fragebogen zu verschicken, die Ergebnisse auszuwerten, Workshops, Coachings und Führungsgespräche anzuschließen und all das auch noch zu dokumentieren?

 

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