27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Mental wachsen

INSPIRATION: Das ist eine interessante These: Etwas stimmt nicht mit der Personalentwicklung, wenn in jeder Krise zuerst beim Weiterbildungsbudget gespart wird. Was offenbar ja nichts anderes bedeutet, als dass PE ein „nice to have“ und kein „must have“ ist. Diesen „Status“ hat sie sich zum Teil selbst zuzuschreiben. Weil sie „zu nett“ ist.

Der letzte Satz stammt von mir, die eigentliche These von Boris Gundl, die der Berater offenbar in einem Webinar vorgestellt hat („Ist PE systemrelevant?“), lautet sinngemäß : PE hat sich zu sehr darauf konzentriert, den Mitarbeiter in seinem „Dasein“ zu bestätigen, ihm Wertschätzung zu vermitteln („Du bist gut, so wie du bist.“) Was als Ausgangsposition durchaus sinnvoll war, denn die Alternative wäre ja: „Du hast viele Defizite, die wir jetzt erst mal reparieren werden. Dafür schicken wir dich auf ein Seminar, in ein Coaching usw.“


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Leider ist aus der „Bestätigung des Selbst“, so Gundl, eine Bestätigung des Status quo geworden. PE sorgte dafür, dass die Mitarbeiter sich wohl, sich bestätigt und anerkannt fühlen. Und damit der Notwendigkeit enthoben wurden, sich stetig weiter zu entwickeln. Aber die Anforderungen wachsen, die Unsicherheit nimmt zu, und plötzlich stellen die Mitarbeiter fest, dass sie überfordert sind. Sie haben sich geistig nicht weiter entwickelt, deshalb nehmen auch die psychischen Erkrankungen weiter zu.

Was ist die Alternative? Weg von der „Bestätigung im Hier und Jetzt“ hin zur „Bestätigung für geistiges Wachstum.“ Klingt ziemlich abstrakt, ich habe Folgendes verstanden: PE muss deutlich machen, dass Entwicklung immer auch Anstrengung bedeutet, vor allem geistige Anstrengung. Es gilt die Frage zu beantworten, wie Menschen wirklich mental wachsen, wie sie geistig fit und mental gesünder bleiben können. Dazu müssen sie gefordert werden. Interessanter Satz: „Es braucht mehr Menschen, die einen positiv zwingen, das zu tun, was man tun könnte.“

Mir fällt da als Metapher ein Trainer im Sport ein. Wenn dieser mir immer wieder das Gefühl vermittelt, dass ich schon ziemlich gut bin, aber hier und da noch ein wenig optimieren kann, werde ich spätestens dann, wenn es drauf ankommt, feststellen, dass ich schnell an meine Grenzen stoße. Ein Trainer hingegen, der mich anhält mich zu quälen, mich noch mehr reinzuhängen, schon im Training an meine Grenzen zu gehen, der hilft mir, mich tatsächlich weiter zu entwickeln und mein Potenzial zu entfalten. Solche Trainer werden vermutlich geliebt und geführchtet. Wohl wissend, dass mir die Quälerei hilft, werde ich ihn dennoch verfluchen, wenn ich mal wieder an einer Aufgabe scheitere. „Positiv unbequem fordernd“ nennt das Boris Gundl.

Und was bedeutet das nun für den Personalentwickler? Eben auch unbequem sein, positiv fordernd, sich „nicht emotional prostituieren„. Gundl nennt auch praktische Beispiele. Wenn man Menschen, die im Homeoffice sind, zu mehr Ergebnisorientierung verhilft. Oder wenn man Führungskräften, die zwar wissen, wie man delegiert, aber es in der Praxis nicht tun, dabei unterstützt, klare Ansagen zu machen und auszuhalten, sich auch mal unbeliebt zu machen. Anders ausgedrückt: Ihre Fähigkeit zu trainieren, Nähe und und Distanz angemessen regulieren zu können.

Kehren wir zurück zum Einstieg: Dann müssten wohl auch Personalentwickler die letztgenannte Fähigkeit entwickeln: Eben riskieren, dass sie nicht diejenigen mit den netten Trainings sind, die anschließend nett benotet werden, sondern dass sie Trainings anbieten, die Mitarbeiter fordern, sie an ihre Grenzen führen. Wobei mir eine andere Parallele einfällt: Der Lehrer, der Ergebnisse gefordert hat und die Schüler erleben lässt, wie gut es sich anfühlt, wirklich etwas geleistet zu haben, was immer mit Anstrengung verbunden ist. Am Ende sind es genau diese Lehrer, an die man sich erinnert, und nicht diejenigen, die sich mit allen gut stellten und vor allem gemocht werden wollten.

Bedeutet, nicht unerwartet: Erst mal müsste der Personalentwickler an seiner eigenen Entwicklung arbeiten. Unbequem sein bedeutet auf jeden Fall auch geistige Anstrengung…

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