20. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Kribbeln im Bauch

PRAXIS: Lernkurven kann man sich in S-Form vorstellen, ein nützliches Tool für die eigene Karriereplanung, aber auch zur Zusammenstellung von Teams. Wenn Sie sich Ihre aktuelle Tätigkeit anschauen und sich fragen, wie es um Ihre Kompetenzen hierzu bestellt ist – wo auf einer imaginären S-Kurve befinden Sie sich? Ursprünglich stammt das Konzept vom Soziologen Everett Rogers, er wollte damit deutlich machen, wie sich Ideen und Technologien verbreiten. Aber es lässt sich auch prima nutzen, um die Entwicklung von Menschen bezüglich bestimmter Kompetenzen zu visualisieren.

Am Anfang, z.B. auf einem neuen Job, geht es nur langsam voran, der Weg ist mühsam, die Kurve steigt nur flach an. Dann plötzlich nimmt die Entwicklung Fahrt auf, die Dinge fallen einem leichter, sie gehen flüssiger von der Hand. Die Kurze steigt steil an, die Phase wird als „Sweet Spot“ bezeichnet (Lernen auf der Überholspur). Irgendwann flacht sie wieder ab, so entsteht die typische S-Form. Nun fällt die Arbeit nicht mehr schwer, es beginnt langweilig zu werden, man lernt nicht mehr viel Neues hinzu. Der Zeitpunkt ist gekommen, sich neuen Herausforderungen zu widmen.


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Ich mache mal ein großes Fragezeichen an das Modell, aber dazu später. Jetzt erst einmal zur Anwendung des „Tools“. Zum einen kann jeder Mensch es nutzen, um sich klar zu werden, wo er auf der Kurve in seinem derzeitigen Job steht und sich überlegen, ob es nicht an der Zeit wäre, etwas Neues in Angriff zu nehmen. Ein Tool also für die persönliche Karriereplanung.

Recht simpel

Dann können es Führungskräfte nutzen, um sich um die Entwicklung der Mitarbeiter zu kümmern. Sie können sich anschauen, wo der einzelne steht und darüber mit ihm sprechen. Befindet er sich noch auf dem Sweet Spot, so dass die Herausforderungen nach wie vor groß sind, diese ihm Freude machen, aber er auch spürt, dass er noch viel lernen kann? Oder ist er schon so weit, dass es allmählich eintönig wird und die Gefahr besteht, dass er irgendwann nachlässt oder sogar das Team verlässt? In einem solchen Entwicklungsgespräch hilft die S-Kurve, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, sich zu überlegen, was der Mitarbeiter noch benötigt, welche zusätzlichen Herausforderungen ihm gut tun würden usw.

Das Tool hilft aber auch, wenn es um die Nachfolgeplanung geht. Führungskräfte könnten ihre Mitarbeiter praktisch in Schubladen stecken und herausfinden, wie sie sich auf der Kurve verteilen. Sinnvoll ist, wenn sich einige auf dem unteren, flachen Ende befinden, also noch viel lernen können und müssen. Die meisten sollten sich auf dem Sweet Spot befinden, und einige wenige auf dem oberen, flachen Ende. Sind dort zu viele, droht entweder ein Nachlassen der Motivation oder eine Kündigungswelle, es gilt dann, für diese Mitarbeiter entweder neue Aufgaben zu finden oder ihre Aufgaben um zusätzliche Herausforderungen zu erweitern.

Damit ist die S-Kurve auch ein Tool, um sich Gedanken über die Zusammenstellung von Teams zu machen – um eben die genannte Verteilung anzustreben. Ganz interessant: Unternehmen sollten es auch riskieren, erfahrene Mitarbeiter wieder zu „Anfängern“ zu machen, sie also auf den unteren Bereich der Lernkurve zu setzen, damit sie wieder dieses „Kribbeln im Bauch“ verspüren, diese Erfahrung, sich wieder zum Sweet Spot vorzuarbeiten.

Allzu simpel

Das Modell klingt einleuchtend und mag sicherlich helfen, die erwähnte gemeinsame Sprache zu finden, um über Entwicklung zu reden. Aber man sollte diese Kurve nicht als „Naturgesetz“ verstehen, nach dem Motto: Irgendwann ist jeder an dem oberen flachen Ende angekommen, dann MUSS etwas Neues her. Ich stelle mir die Experten vor, die immer tiefer und tiefer in ihr Fachgebiet eindringen. Oder die Künstler und Sportler, die sich täglich weiter entwickeln, aber nur in winzigen Schritten, wenn sie einmal ein Top-Niveau erreicht haben. Diese Meisterschaft zu halten ist eben auch extrem herausfordernd. Entscheidend ist also nicht die Sicht der Führungskraft als Personal- und Organisationsentwickler, sondern die Sicht der Betroffenen. Und die könnten durchaus den Eindruck haben, sich auch nach Jahren noch auf dem „Sweet Spot“ zu befinden. Vorsicht also vor zu großer Vereinfachung, so verlockend das auch klingt.

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