KRITIK: Was soll das nun schon wieder sein: Spaced Learning? Das Gegenstück zu Massed Learning. Das kennen wir alle: Eine Prüfung steht an und wir prügeln uns so viele Inhalte wie möglich in den Kopf, und das alles in kürzester Zeit. Um es an dem angesetzten Termin wieder auszuspucken. Verrufen, kritisiert, für sinnlos erklärt, aber bis heute Standard in nahezu allen Bildungseinrichtungen. Man stelle sich das mal im Sport vor: Da trainiert ein Spieler Kopfbälle, bis diese so perfekt wie nur irgendwie möglich funktionieren. Wenn es soweit ist, geht es ans 11m-Schießen, dann ans Eckenschießen usw. Und wenn er alles einmal durchgemacht hat, wird er auf den Gegner losgelassen.
So wie man Schulabgänger oder Hochschulabsolventen ins Leben entlässt. Wobei jedem klar ist, dass sie das Meiste vergessen haben. Aber sie werden damit beruhigt, dass sie denken, gelernt zu haben. Oder sich zu organisieren. Oder zu abstrahieren. Aber zurück zum Spaced Learning. Das nämlich folgt einer anderen Logik: Die Inhalte werden auf viele kleine Trainingseinheiten über einen längeren Zeitraum hinweg verteilt. Die Hypothese lautet, dass Spaced Learning dazu führt, dass Wissen länger behalten wird, und dass die Lernenden bei dieser Anordnung auch motivierter bei der Sache sind.
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Ein Experiment
Diese und noch weitere Hypothesen wollten Wissenschaftler der Uni Düsseldorf in einem Experiment untersuchen (Arbeitsbezogenes E-Learning durch Spaced Learning verbessern). Dabei lernte die Kontrollgruppe alle Inhalte an einem Tag. Dazu gab es sechs Experimentalgruppen mit unterschiedlichen Anordnungen – allesamt als Online-Lernen gestaltet. So wechselten die Medien bei der einen Gruppe bei drei Lern-Sessions, eine andere bekam nach jeder Session Feedback, eine weitere durfte fünf Sessions absolvieren usw. Dazu kam, dass es zwei parallele Experimente gab: In dem einen wurde Faktenwissen, im anderen Prozesswissen (am Beispiel Zeitmanagement) gelehrt.
Alle Gruppen absolvierten im Anschluss einen Wissenstest, gemessen wurde die Anzahl der richtig beantworteten Fragen. Und das Ergebnis? Nun, das bestätigte erst einmal, dass beim Spaced Learning die Inhalte besser gespeichert wurden, vor allem langfristig. Immerhin. Wobei das aber nur für das Lernen von Fakten, nicht beim Prozesswissen galt. Hier fanden sich keine Unterschiede. Allerdings zeigte sich auch, dass die Teilnehmer das Spaced Learning dem klassischen Kompaktlernen vorzogen, und dabei legten sie Wert auf „interaktive und angeleitete Lerneinheiten“.
Wow! Ein Wechsel der Lernmedien und Abstände zwischen den Lerneinheiten gefällt Lernenden also besser, so die Erkenntnis, und das, was sie dabei lernen, behalten sie länger, als wenn alles in einem Tag gepaukt wird. Was für eine Aussage. Wobei das allerdings von den Lerninhalten abhängig ist. Soll also etwas gelernt werden, dass man ausführen kann (oder wie ist das mit „Prozesslernen“ gemeint) spielt es gar keine Rolle, ob es im Block oder sukzessive gelernt wird. Und ich frage mich, inwieweit man die Ergebnisse von Experimenten übertragen kann, bei denen gerade mal ein Tag lang Wissen vermittelt wird. Nicht besonders überzeugend, ob man damit der Lernforschung einen Gefallen tut?