11. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Tendenz zur Mitte

INSPIRATION: Dass die Beurteilung von Mitarbeitern durch ihre Vorgesetzten einigen Tendenzen zur Verzerrung unterliegen, ist bekannt. So gibt es den Milde-Effekt, den Halo-Effekt, die Tendenz zur Mitte usw. Was ändert sich, wenn die Beurteilungen im Kreis der Führungskräfte besprochen werden?

Das kennen vermutlich etliche Personaler: Statt einfach nur die Bewertungen der Vorgesetzten einzusammeln, trifft man sich im Kollegenkreis zu einer Personalkonferenz (oder welchen Namen das Instrument auch immer hat) und bespricht die einelnen Bewertungen. Dann wird das eine oder andere Urteil angepasst, nach oben oder unten korrigiert und alle fühlen sich ein wenig besser, weil man nun – ähnlich wie im Assessment Center – ein „Mehraugenprinzip“ als Basis hat.


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In den USA haben Forscher sich nun angeschaut, welche Auswirkungen diese „Kalibrierungsrunden“ auf die Ergebnisse haben (Der Effekt von Kalibrierungsrunden auf Leistungsbeurteilungen). Ihnen lagen die Zahlen einer internen Beratung eines Konzerns vor, insgesamt ca. 1.000 Beurteilungen von über 100 Vorgesetzten und 12 Konferenzen.

Das Resultat: Nur ca. 25% der Urteile wurden geändert, in 20% der Fälle wurden gute Beurteilungen herabgesetzt und in 5% schlechte hinauf. Insgesamt sank dadurch der Durchschnitt, die Beurteilungen rückten mehr in die Mitte. Anders ausgedrückt: Statt die Werte weiter zu spreizen, wurden sie noch mehr angeglichen, die Streuung sank. Der Effekt der Milde und die Tendenz zu Mitte schlägt hier also auch zu.

Sind solche Runden also zu empfehlen? Die Führungskräfte, die schlechte Noten vergaben, werden sich über die Anhebung vermutlich freuen, da müssen sie nicht ganz so schlechte Nachrichten überbringen. Diejenigen mit den „zu guten“ Beurteilungen können sich darauf berufen, dass die Kollegen ja nicht mitgespielt haben. Und alle sind glücklich.

Ich befürworte diese Runden sehr, aber würde sie ganz anders gestalten. Die einzelnen Vorgesetzten sollten in der Runde zuerst beschreiben, wie sie den Mitarbeiter erleben, was sie an ihm schätzen und was sie kritisch sehen. Dann sollten die anderen ihre Eindrücke schildern. Und erst wenn alle Darstellungen und Meinungen „auf dem Tisch liegen“, sollte ein Teilnehmer einen „Notenvorschlag“ machen (wenn es solche Notensysteme in dem Unternehmen überhaupt noch gibt).

Und das muss und sollte sogar nicht die direkte Führungskraft sein. Gerade sie ist am meisten verstrickt in die Beziehung zum Mitarbeiter. Mehr noch: Das Verhalten des Mitarbeiters ist ja erheblich abhängig und geprägt vom Führungsverhalten. Um es ganz drastisch auszudrücken: Mitarbeiter sind oft nur so gut wie ihre Vorgesetzten, die sie (de-)motivieren, anleiten, coachen, unterstützen, kontrollieren… Also sollten die direkten Vorgesetzten am besten gar nicht beurteilen – auf keinen Fall zuerst eine Bewertung abgeben.

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