4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Transferstärke messen

KRITIK: Mal angenommen, es gäbe einen Test, mit dem man herausfinden kann, ob jemand das, was er auf einem Seminar lernt, auch in der Praxis anwenden wird. Wem würde das helfen? Und was würde das in Sachen Personalentwicklung und Weiterbildung ändern? Den Test gibt es.

Der Hintergrund der Geschichte ist allzu vertraut: Irgendjemand denkt, dass Mitarbeiter „entwickelt“ werden sollten. Also bietet man ihnen die Gelegenheit zum Lernen. Ob das nun Online-Kurse, Präsenzseminare, Fernstudiengänge oder Lernhäppchen sind – die Branche ist da erfinderisch. Aber ganz gleich, ob sie geschickt werden oder selbst der Ansicht sind, sie müssten bestimmte Fähigkeiten erwerben oder vorhandene ausbauen: Es ist völlig klar, dass weder ein Seminar noch alle möglichen Online-Lern-Angebote, selbst wenn sie besucht oder genutzt werden, nicht automatisch zu einer Anwendung der vermittelten Fertigkeiten führen. 


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Um den Vergleich zum Sport zu ziehen: Schicke ich jemanden in ein Trainingslager, um seinen Aufschlag im Tennis zu verbessern, hilft ihm das herzlich wenig, wenn er anschließend ein halbes Jahr kein Tennis spielt. Und wer gezeigt bekommt, wie man eine Verhandlung möglichst geschickt führt oder einen Konflikt unter Mitarbeitern moderiert, danach aber dieses Wissen nicht einsetzt, wird wohl kaum Fortschritte machen. Und selbst wenn er Aufschläge macht oder Verhandlungen führt – die Wahrscheinlichkeit, dass er das neue Wissen perfekt einsetzt, ist gering. Er wird feststellen, dass die Versuche kläglich scheitern und frustriert konstatieren, dass das Trainingslager oder das Seminar nichts gebracht haben. 

Mythos: Transfer

Genau das hätte man aber vorhersagen können, behauptet Axel Koch (Mythos: Selbstverantwortlich Lernende). Es gibt nämlich vier Einflussfaktoren aufseiten einer Person, die für die Anwendung von Lernstoff ausschlaggebend sind, sowie drei Faktoren im Umfeld. Und diese können mithilfe eines Fragebogens erhoben werden. Hier kommen sie:

  • Offenheit für Fortbildungsimpulse – na klar, wer nicht davon überzeugt ist, dass ein Seminar im weiterhilft, der wird wohl wenig Engagement bei der Umsetzung an den Tag legen.
  • Selbstverantwortung: Wer sich nicht aktiv bemüht, das Gelernte umzusetzen, sich z.B. einen Plan macht, der profitiert auch nicht.
  • Rückfallmanagement: Man braucht Strategien, um nicht in den alten Trott zurück zu fallen.
  • Positives Selbstgespräch bei Rückschlägen: Sich selbst ermuntern, kleine Erfolge wahrnehmen und Rückschläge als völlig normal betrachten.

Die externen Faktoren sind: 

  • Ein transferunterstützender Chef
  • Eine Lernkultur im Team
  • Zeit, um Neues auszuprobieren und zu üben

Fragebogen zur Selbsteinschätzung

Was man nun machen kann: Der Fragebogen zur Selbsteinschätzung wird von allen Mitgliedern eines Teams (einer Trainingsgruppe) ausgefüllt und man erkennt, wie wahrscheinlich ein Erfolg der Maßnahme ist. Und dann? Zumindest öffnet das allen Beteiligten die Augen. Die Führungskräfte erkennen, dass sie zu wenig tun. Die Teilnehmer, dass es ihnen an Strategien und Offenheit fehlt. Und die Verantwortlichen können sich etwas einfallen lassen, wie die Maßnahmen eingeführt oder ob sie überhaupt durchgeführt werden. 

Klingt doch vernünftig, oder? Ich bin etwas skeptisch. Einerseits gibt es sicherlich sehr unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten von Menschen zu lernen. Und die meisten werden so etwas wie Rückfallmanagement nicht beherrschen. Da kann es helfen, sich einmal mit dem eigenen Profil in Sachen „Transferstärke“ auseinander zu setzen. Andererseits besteht hier die Gefahr, Lernfähigkeiten unabhängig vom Inhalt zu messen und dann die Ursache für fehlenden Transfer vor allem bei den Lernenden zu suchen. Ich glaube, dass es ganz zentral darauf ankommt, ob ein Sinn oder ein persönlicher Nutzen in der Maßnahme gesehen wird. Selbst wenn jemand noch so offen für ein Angebot ist – wenn er nicht vom Nutzen überzeugt ist, wird er es nicht anwenden.

Und die Rolle der Führungskraft als Vorbild, Ermöglicher und Unterstützer sehe ich auch kritisch. Als Vertreter des Unternehmens und „Verhandlungspartner“ kann sie meines Erachtens bestimmte Fähigkeiten einfordern. Und dann mit den Betroffenen gemeinsam überlegen, was diese benötigen, um sie zu erlangen. Anschließend sollte sie nicht im Wege zu stehen oder sogar widersprüchliche Anforderungen stellen. Einfaches Beispiel: Im Training wird gelernt, wie man auf die Belange des Verhandlungspartners eingeht, in der Praxis wird man aufgefordert, knallhart die Interessen des Unternehmens durchzusetzen.
Die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme oder die Akzeptanz des neuen Verhaltens in der Organisation kann aber mit einem allgemeinen Fragebogen nicht erfasst werden.

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