21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Wäscheerlass

INSPIRATION: Kennen Sie das Phänomen? Irgendjemand in Ihrer Organisation verhält sich offensichtlich falsch. Zumindest sind Sie der Meinung, dass es falsch ist. Also muss eine Regel her, die ein solches Verhalten in Zukunft verhindert. Aber Regeln nehmen uns oft genug dann doch keine Entscheidung ab, so sehr wir uns das auch wünschen.

In der „Musterbruch-Reihe“ der managerSeminare (Bunt vor digital) erklären die Autoren, dass unser Denken schon lange vor der Digitalsierung der „0-1-Logik“ folgt. Wir stehen vor einer Entscheidung und wünschen uns eine klare Vorgabe: Ja oder nein, links- oder rechtsrum, richtig oder falsch. Und wenn uns dann das Management „den Gefallen tut“ und und „eindeutige Richtlinien erlässt,“ merken wir, dass damit die Realität alles andere als besser, gerechter oder fairer wird. Und wünschen uns die Ermessensspielräume, die wir vorher hatten.


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Ermessensspielräume

Ein schönes Beispiel liefert der Beitrag. Da durften Mitarbeiter eines Konzerns auf Reisen ihre Wäsche auf Kosten der Firma reinigen lassen, damit sie nicht so viel Kleidung mitschleppen mussten. Einige ganz Findige packten dennoch die Koffer voll und ließen ihre private Schmutzwäsche waschen. Reflexhaft reagierte das Management. Womit? Einem „Wäscheerlass“. Darin wurde genau festgelegt, wie oft man was genau waschen lassen durfte. Jeden zweiten Tag ein Hemd und eine Bluse oder so ähnlich.

Faire Lösung? Blödsinn. Ob man nun in Südeuropa, wo man wegen der hohen Temperaturen häufig die Kleidung wechseln muss, oder in eher kälteren Regionen unterwegs war, für alle galt die gleiche Regelung. Aber gleich ist eben nicht gleich, wie das bei der „digitalen entweder-oder-Logik“ funktioniert. Mal abgesehen von den Nebenwirkungen. Hier müssen wegen weniger schwarzer Schafe alle anderen leiden. Denn die Botschaft lautet ja ab sofort: Wir trauen auch euch, also denjenigen, die maßvoll mit dem Angebot umgegangen sind, nicht mehr. Mit der Folge, dass auch dieses System natürlich ausgetrickst wird nach dem Motto: Wenn Ihr uns nicht mehr vertraut, dann wollen wir doch mal sehen …

Digitale Logik

Das mit der „0-1-Logik“ finde ich ein interessantes Bild. Ein Algorithmus, also eine feste Regel, macht ja in der Tat keinen Unterschied zwischen den „Subjekten“. Sicher, man kann ihn immer feiner adjustieren, nach und nach die Regeln an alle Eventualitäten anpassen. So könnte der von dem Wäscheproblem betroffene Konzern festlegen: Bei Tagestemperaturen über 23 Grad darf man 1,5 Hemden alle zwei Tage waschen lassen, ab 27 Grad … Und bei Arbeitstreffen in klimatisierten Räumen gelten spezielle Regeln usw.

Aber was ist die Alternative? Die Antwort ist einfach: Mit der Unschärfe leben lernen. Bezogen auf das Beispiel: Man kann als Regel formulieren: „Wir schreiben euch nicht vor, wie oft Ihr welches Kleidungsstück reinigen lasst. Nutzt das Angebot maßvoll, so wir Ihr es für den Arbeitsbedingungen angemessen erachtet.“ Und dann jedem einzelnen den Ermessensspielraum lassen.

Ja, aber was macht man, wenn ihn jemand unangemessen ausnutzt? Dann gilt es, wieder eine Entscheidung zu treffen. Zum Beispiel demjenigen mitzuteilen, dass er da wohl etwas falsch verstanden hat und man ihm im Wiederholungsfall leider nicht mehr für diese Aufgaben einsetzen wird. Oder was auch immer man als Sanktion für angemessen hält.

Ist ja eigentlich nicht schwer. Aber man handelt sich damit natürlich Diskussionen ein. Der Betreffende, wenn er das Konzernleben gewohnt ist, wird kontern und fragen: „Wo steht denn, wie viel man waschen lassen darf?“ Dann zahlt der Entscheider den Preis für die Entscheidung, die er getroffen hat. Er muss dazu stehen, dass er so und nicht anders entschieden hat und zwar auf der Basis der Beobachtungen, die er gemacht hat.

Sicher, wir werden immer versuchen, so viele Informationen wie möglich zu bekommen, um eine Entscheidung zu treffen. Wenn diese Informationen am Ende eine ganz bestimmte Entscheidung nahelegen oder sie unvermeidbar machen (das wünschen wir uns ja so sehr), dann ist es ja keine Entscheidung mehr, sondern eine logische Folge der Informationslage. Aber genau das kommt so gut wie nie vor. Der Versuch, so etwas über Regeln und Richtlinien zu erzwingen, funktioniert, wie beschrieben, nur bedingt. Bevor man also diesen Weg geht, lieber mal genau hinschauen, welche Konsequenzen und Nebenwirkung er hat. Und ansonsten: mit der „Unschärfe“ leben.

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