INSPIRATION: Versteht man als Normal-Sterblicher noch, wie das mit dem großen Geld funktioniert? Nicht wirklich, oder? Da tut man sich schon schwer, wenn ein Unternehmer wie Elon Musk sich ein 56-Milliarden-Gehaltspaket vom Aufsichtsrat seines Unternehmens genehmigen lässt und die Aktionäre das absegnen. Aber vorher gab es noch ein Gerichtsverfahren, weil ein Kleinanleger gegen den Bonus geklagt und gewonnen hatte. Die Anwälte forderten dafür schlappe 7 Milliarden Dollar Honorar, wogegen nun wieder die Musk-Anwälte klagten. Ausgang offen (Süddeutsche Zeitung vom 9.7.2024).
Warum ich diese Randnotiz aufgreife? Weil es gerade so schön passte. Und weil man irgendwie das Gefühl nicht los wird, dass es doch besser gehen muss mit der Verteilung des Wohlstandes. Weil dieses Prinzip der Gewinn-Maximierung sich einfach falsch anfühlt. Und vor allem: Weil es da noch eine andere Logik gibt – und dafür auch schöne Beispiele. Etwas das des Start-ups Haferkater. Ein Porridge-Imbiss mit inzwischen 25 Fillialen und einem Umsatz von 11 Millionen Euro. Ein Fall für Investoren, die auch tatsächlich an Bord sind. Und normalerweise irgendwann richtig Kasse machen wollen.
Nicht so in diesem Fall. Weil die Gründer, die in der Brand eins zu Wort kommen (Wofür hätten wir dann all die Jahre gearbeitet?), ihr Unternehmen nicht zu Geld (und damit sich und die Investoren reich) machen, sondern ihre Anteile dem Unternehmen übertragen und die Investoren auszahlen. Letzteres, indem sie Geld in einer Crowd-Funding-Kampagne einsammeln. Was übrigens geklappt hat, ich habe nachgeschaut.
Unbegrenzte Renditeerwartungen
Warum dieser Weg? Weil er eben einer anderen Logik folgt. Bleibt man der „alten Logik“ treu, muss man irgendwann die Renditeerwartungen, die nach oben unbegrenzt sind, erfüllen. Und dazu hat man als Start up nur zwei Möglichkeiten: Schnelles Wachstum (in diesem Fall: rasch neue Filialen eröffnen) oder ständig an den Kosten schrauben, sprich Personalkosten so gering wie möglich halten und den Wareneinsatz optimieren. Heißt praktisch: Überlegen, ob in einen Schokoladenmuffin wirklich fünf Schokostücke müssen. Oder ob es nicht vielleicht auch drei tun.
Die Unternehmen sind der Meinung, dass „unsere Gesellschaft nicht funktioniert, wenn Unternehmen so sind, wie sie sind“. Also haben sie den Investoren einen Preis vorschlagen, wobei sich in diesem Fall die Corona-Krise als Glück erwies – die Bewertung des Unternehmens war zu diesem Zeitpunkt günstig.
Die Gründer erhalten zwar eine Gründerkompensation für die Zeit am Anfang, in der sie nichts verdient haben. Aber eben nicht die 30 bis 50 Millionen, die sie – vorausgesetzt, die Ziele werden erreicht – in 2030 bei einem Verkauf bekommen würden. Aber ihr Unternehmen kann nicht mehr veräußert werden, es gehört sich am Ende des Prozesses selbst. Verantwortungseigentum heißt der dazu passende, etwas sperrige Begriff. Dazu haben wir mal einen interessanten Webtalk angeboten (Die Seele des Unternehmens retten).
Seltsame Logik
Klar, dass mir der Ansatz gut gefällt. Und um noch ein Beispiel vorzustellen, das ich extrem schräg finden und eher für den seltsame alte Logik steht. Da wird ein Manager vorgestellt, der einen Kreditvermittler namens Klarna mit aufgebaut hat. Mit dessen Hilfe haben sich zahlreiche Menschen mit einfachen Konsumkrediten extrem verschuldet, einfach weil ihnen suggeriert wurde, dass sie praktisch unbegrenzt einkaufen können und erst später (per Raten) bezahlen müssen. Und dafür Zinsen in Höhe von 23% pro Jahr in Schweden zu bezahlen haben. In Deutschland sind es immerhin noch 15%.
Der Manager gibt sich in der Brand eins reumütig (Geschäftsprinzip: Weniger Marge). Er kehrt Klarna den Rücken und gründet ein neues Unternehmen namens Anyfin. Angeblich, weil man ein faires Prinzip schaffen wollte. Und das Modell? Man bietet den Verschuldeten an, den Kredit abzulösen und bietet ihnen einen günstigeren an. Vorher prüft man natürlich, ob der Schuldner überhaupt zahlungsfähig ist. Dann löst man den Kredit ab mithilfe einer Bank, die gibt einen neuen für 12%, und das Geld teilt sich dann die Bank und der Kreditvermittler. Die Kunden sind happy, dass sie weniger zahlen müssen und daher dankbar.
Faire Alternative?
Wahnsinn, oder? So geht das also, was für ein System. Erst locken die einen mit dem Versprechen „Buy now, pay later“ (habe nie verstanden, warum Menschen darauf reinfallen) und knöpfen den Menschen viel zu hohe Zinsen ab. Dann kommen die anderen und sind ja ach so viel fairer, indem sie für einen Kauf, der längst getätigt war, nun weniger Zinsen erheben. Und dann noch für ihr faires Geschäftsmodell gelobt werden.
So als ob jemand als Geschäftsmodell den Menschen Schrottautos verkauft, und wenn diese dann feststellen, dass die Karren sich kaum von der Stelle bewegen, dann kommt jemand mit einem „fairen Geschäftsmodell“ und tauscht die Schrottkisten gegen fahrtauglich aus – gegen einen angemessenen Preis natürlich. Der Kunde freut sich, dass er wieder mobil und die alte Karre los ist. Und alle sind glücklich.