27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Auf Empfehlung

KRITIK: Viele Unternehmen bezahlen ihren Mitarbeitern ein Coaching. Mehr noch: Sie bieten Coaching als Personalentwicklungsmaßnahme an. Bei der Auswahl von Coachs gibt es allerdings deutliche Unterschiede, was die Kriterien angeht. Nach einer Umfrage unter 257 Entscheidungsträgern (Wie wählen Unternehmen Coaches aus?), die Fragen online beantworteten, spielt der Ruf des Coachs die größte Rolle. Ähnlich wichtig sind Empfehlungen durch Dritte, gezielt eingeholte Referenzen und die früheren Auftraggeber des Coachs.

Bedeutet: Für wen der Coach schon mal gearbeitet hat und wie er von anderen gesehen wird, hat einen großen Einfluss. Einen hohen Stellenwert hat auch die Berufserfahrung des Coachs. Damit ist weniger seine Erfahrung als Coach gemeint als diejenige, die er in seinem „früheren“ Berufsleben gemacht hat. Noch vor der Coaching-Erfahrung rangieren die Lebenserfahrung (wobei ich mich frage, wie man die wohl erfasst – vielleicht wird sie am Alter festgemacht?) und eine breite Branchenerfahrung. Was die Kompetenzen betrifft: Hier liegt Beratungskompetenz vor Methodenkompetenz, mit etwas Abstand folgen Coaching Ausbildung und Fachwissen Psychologie.


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Bleibt die Frage, wie die Unternehmen die genannten Kriterien messen. Am häufigsten genannt wurden Referenzen, Dienstleistungsspektrum und Arbeitsbeispiele, die über schriftliche Unterlagen erfasst werden. Ähnlich sieht es mit einer zertifizierten Coachingsausbildung aus. Im persönlichen Kennenlernen sind die Selbstpräsentation und das teilstrukturierte Interview die häufigsten Methoden. Insgesamt ergaben sich einige deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen. Größere legen z.B. mehr Wert auf einen Coaching-Ausbildung, führen häufiger teilstrukturierte Interviews und verlangen häufiger Arbeits- oder Projektbeispiele oder verwenden häufiger einen eigenen Kriterienkatalog.

Was folgt aus all dem?

Die Autoren im Coaching-Magazin ziehen diese Schlussfolgerungen:

  • Eine Coaching-Ausbildung ist vielen Unternehmen zwar schon wichtig, stellt aber kein zwingendes Kriterium dar. Demnach ist es offenbar noch nicht gelungen, „in den Unternehmen eine Coaching-Konzeption zu etablieren, die primär auf einer fachlich-methodischen Expertise basiert.“
  • Es werden demnach vor allem solche Coachs ausgewählt, die über besonders gute Fähigkeiten des Selbstmarketings verfügen oder bei ihren Kunden für gute Stimmung sorgen (und dann weiter empfohlen werden).

Die Autoren gestehen zwar ein, dass es nicht ganz so düster aussieht (das Glas sei durchaus halbvoll), aber das Ziel sollte sein, noch mehr Wert auf die methodisch-fachlichen Kompetenzen zu schauen und auf entsprechende Auswahlmethoden – vorrangig wohl (teil-)strukturierte Interviews – zu setzen.

Äpfel und Birnen?

Ich kann die Argumentation nur zum Teil nachvollziehen. Natürlich ist Selbstmarketing ein wichtiger Faktor, wer sich gut verkaufen kann, hat einfach bessere Karten. Aber den Kunden, die einen Coach empfehlen oder ihm positive Referenzen ausstellen, zu unterstellen, dass sie auf Coachs reinfallen, die für eine gute Stimmung sorgen, ist schon ziemlich anmaßend. Wenn ich einen guten Handwerker suche, dann führe ich kein teilstrukturiertes Interview und lasse mir in der Regel auch keinen Meisterbrief vorlegen (was ich vielleicht tatsächlich mitunter tun sollte), sondern frage herum, wer mir jemanden empfehlen kann. Und wenn ich dann gute Erfahrungen mache, dann danke ich demjenigen für den guten Tipp.

Vielleicht geht man aber bei Handwerkern immer davon aus, dass sie die entsprechende Ausbildung haben. So wie ich bei einem Arzt auch auf die Erfahrungen anderer höre und mir nicht seine Fortbildungszertifikate anschaue, weil ich davon ausgehe, dass er sich regelmäßig weiterbildet. Genau Letzteres kann man nicht von jedem, der sich Coach nennt, annehmen. Dazu kommt, dass Coaching-Ausbildung ja nicht gleich Coaching-Ausbildung ist – hier fehlt es einfach an allgemein aktzeptierten Standards. Bis es diese gibt, werden Empfehlungen und Referenzen wohl die vorrangigen Kriterien der Coach-Auswahl bleiben.

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