INSPIRATION: Wie viel Geld geben Unternehmen für PR aus? Vieles davon mag sinnvoll investiert sein, anderes verpufft schlicht. Dass sich nun Mitarbeiter als Botschafter des Unternehmens outen, muss die PR-Profis einerseits faszinieren, andererseits beunruhigen. Über die Tätigkeit von Unternehmensbotschaftern (Corporate Influencer) konnte man schon einiges lesen. Wie genau die Beteiligten sich selbst verstehen, welche Erfahrungen sie machen, dies entzog sich bislang der Kenntnis der Öffentlichkeit. Zum Glück kam eine Hochschuldozentin der Europa-Universität Flensburg (EUF) auf die Idee, daraus ein Forschungsprojekt für ihre Studierenden zu machen. Deren Ergebnisse durchweben diesen Beitrag (Spielwiese und Impulsgeber zugleich).
Wenn die Mitarbeiter ihre Stimme erheben, dann aus Stolz auf das Unternehmen, dem sie sich stark verbunden fühlen. Aber auch aus Stolz über die eigene Kompetenz und die der KollegInnen. Sie wollen die Stimmung im Unternehmen positiv beeinflussen und die Organisationskultur stärken. Als „laufende Werbefiguren“ fühlen sie sich missverstanden. Deshalb ist ihnen das Gefühl der Unabhängigkeit wichtig. Und es ist zugleich ihr Lackmustest. Würde man sie wegen ihrer Tätigkeit tadeln oder sogar maßregeln, wäre das der GAU – auch fürs Unternehmen. „Für die Unternehmensbotschafter*innen ist die Authentizität und kreative Freiheit des Netzwerks von zentraler Bedeutung.“ Die Unternehmen, beispielsweise die Deutsche Telekom AG, von der hier neben der Mercedes-Benz AG berichtet wird, haben das begriffen: Sie stellen die Influencer sogar anerkennend teilweise frei (80/20), hüten sich allerdings, ihnen ins Handwerk zu pfuschen.
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Was mit einer simplen Idee begann, entwickelt sich dann aber für die Influencer interessanterweise weiter: „Durch das Netzwerk verändert sich die Sichtweise auf das Unternehmen – dass dahinter Menschen stehen. Und dass Menschen wahrgenommen werden, die vorher gar nicht aufgetaucht sind.“ Es werden neue Kompetenzen aufgebaut. Wenn die Influencer ihre Stimme nicht selbst erhoben und sich ermächtigt hätten, man müsste ihre Funktion glatt erfinden. Denn in ihrer Rolle eröffnen sie für das Unternehmen eine neue Kommunikationsperspektive, die man ansonsten aus dem Change-Management kennt: Sie sind ein Sounding Board. Durch sie wird auch der Flurfunk hörbar und damit ansprechbar.
Sie sind ein Sounding Board
Doch die Corporate Influencer sprechen auch mit der Welt jenseits der Konzerntore. Sie haben imagebildende Funktion. Wertvoll beispielsweise für das Employer Branding. Sie verschaffen Kunden auch einen ehrlichen Einblick ins Unternehmen und seinen Alltag, den die PR- oder Werbeabteilung niemals leisten könnte, weil man sie immer schon als parteiisch wahrnehmen würde. So kann man Begehrlichkeiten dieser Abteilungen in Richtung Corporate Influencer auch verstehen: Wie kann man Mitarbeiter stärken und unterstützen? Doch ein „Kochrezept“ für den Aufbau und die Entwicklung eines Botschafternetzwerks scheint es bislang nicht zu geben. Man sollte auch sehr vorsichtig sein, um keine Reaktanzeffekte zu provozieren, denn es lebt vor allem als informelle Community. Auf Versuche der Einflussnahme reagieren solche allergisch.
Die Autoren bewerten die Botschafternetzwerke als eine neue, dritte Säule des Organisationsgefüges. Das mag vielleicht etwas arg hoch gegriffen sein, zielt aber in die richtige Richtung.