26. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Seltsame (Zeit-)Wesen

INSPIRATION: Langweilen wir uns, dann möchten wir, dass die Zeit schneller vergeht. Wir finden es viel angenehmer, wenn die Zeit verfliegt, Stichwort „Flow“. Rückblickend hingegen sieht die Sache anders aus: Da wundern wir uns, wo die Zeit geblieben ist, und das umso mehr, je älter wir werden. Eine Zeitforscherin erklärt in der Brand eins einige der Phänomene, die mit unserer Zeitwahrnehmung zusammenhängen (Von inneren Taktgebern und trügerischen Wahrnehmungen), und das ist spannend. Hat sogar die eine oder andere praktische Konsequenz.

Es gibt die sogenannte Attentional Gate Theorie, nach der Menschen eine Art inneren Taktgeber besitzen. Dieser gibt wie eine Uhr regelmäßig Signale von sich, die wir praktisch mitzählen. So merken wir, dass Zeit vergeht. Befinden wir uns nun in einem Zustand der Erregung, dann beschleunigt sich dieser Taktgeber, z.B. wenn wir Sport treiben. Dadurch kommt uns die Zeit länger vor – einfach weil mehr Signale im gleichen Zeitraum stattfinden. Das hat übrigens nichts mit dem Puls zu tun. Auch nur wenig mit der Persönlichkeit und kaum etwas mit dem Alter oder Geschlecht.

Ein zweiter Faktor spielt wohl eine noch größere Rolle: Unsere Aufmerksamkeit. Sitzen wir beim Arzt und warten, dann nehmen wir die Signale bewusster war, wir bekommen jeden Takt mit. Folglich wird uns die Zeit auch dann lang. Umgekehrt: Sind wir mit etwas sehr beschäftigt, dann achten wir nicht auf die Signale und die Zeit scheint schneller zu vergehen. Das Modell ist wohl nicht unumstritten, aber bietet die wohl bisher beste Erklärung für die genannte Phänomene.

Retrospektive Zeitwahrnehmung

Für den Eindruck, dass die Zeit umso schneller vergeht, je älter wir werden, gibt es eine andere Erklärung. Hier handelt es sich um die „retrospektive Zeitwahrnehmung“. Dafür gibt es keinen Taktgeber, wir rekonstruieren die vergangene Zeit aus dem Gedächtnis. Je mehr bedeutsame Ereignisse wir erinnern, desto länger kommt uns der vergangene Zeitraum vor. Je mehr unser Leben von Routinen bestimmt wird, desto schneller scheint ein Jahr zu vergehen. Viel Stress bewirkt zudem, dass wir uns die Ereignisse schlechter merken.

Wer also möchte, dass die Zeit nicht so schnell vorbei rauscht, der sollte mehr neue Erlebnisse schaffen, Routinen eher abbauen und Stress vermeiden.

Optimismus-Bias

Noch eine Erklärung für ein weiteres Phänomen: Manchmal wundern wir uns, wenn wir eine Strecke zurücklegen, dass uns der Rückweg deutlich kürzer vorkommt. Das gilt interessanterweise nur für unbekannte Strecken und hat damit zu tun, dass wir eine unterschiedliche Erwartungshaltung haben: Den Hinweg schätzen wir meist zu optimistisch ein und erleben ihn als lang, auf dem Rückweg gibt es diese Verzerrung nicht mehr.

Und schließlich ein Hinweis zu der Erfahrung, dass Menschen sich bei der Einschätzung, wie lange sie für eine Aufgabe brauchen, oft verschätzen. Das hat weniger mit Zeitwahrnehmung zu tun als mit dem „Optimismus-Bias“: Wir kalkulieren viele Hindernisse und Störungen nicht ein, die eine Aufgabe erschweren. Was gar nicht so schlimm ist, denn manches Projekt würden wir wohl erst gar nicht starten, hätten wir diese Fehleinschätzung nicht.

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