15. Mai 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Auf die Pelle rücken

KRITIK: Immer wieder diese Sprachverwirrung! Jetzt muss das mal auseinander gepflückt werden: Was meinen manche Zeitgenossen damit, wenn sie von Vertriebs-Coaching sprechen? Was hat das mit Coaching zu tun? Was mit Führung? Und was dient schlicht der Vernebelung von kontraproduktiven Zuständen?

Verkäufer sind Einzelkämpfer. Das ist bekannt. Vieles passiert unterwegs im Außendienst in einem für Führungskräfte schwer zu beurteilenden Graubereich. Dass man diesen Mitarbeitern prinzipiell misstraut, ist ein alter Hut. Was aber auch damit zu tun hat, dass man seit je her branchenübergreifend auf ein Provisionssystem setzt und Mitarbeiter sucht und einstellt, die primär genau darauf, nämlich auf Geld, abfahren. Man könnte das ein Spiel nennen: Jede Seite versucht, die für sich beste Marge herauszuholen. Jetzt reicht den Unternehmen aber Umsatz nicht mehr. Sie möchten auch noch Qualität. Beispielsweise in Form kompetenter Mitarbeiter. Damit die Kunden zufrieden sind, damit es weniger After-Sales-Probleme gibt, damit mehr Marktpotenziale genutzt werden. Nun, man könnte bei der Personalauswahl ansetzen, man könnte das Entgeltsystem ändern, die Führung, man könnte vom Einzelkämpfertum zu Gruppenarbeit wechseln. Macht man aber nicht. Hat man noch nie gemacht. Und die Geldgetriebenen würde man vermutlich auch verlieren. Denn: Es machen doch alle so. Daher versucht man es mit faulen Kompromissen. Man stellt eine Lernplattform ins Netz. Doch das bringt es nicht wirklich, merkt man mit der Zeit: Scheinstudium. Was tun?


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Wenn das Problem nicht zur Lösung passt

Vor Jahren schon kamen einige Unternehmen auf die glorreiche Idee, dass Führungskräfte ihre Vertriebsmitarbeiter im Alltag coachen sollten. Fürsorgliche Belagerung: Auf die Pelle rücken, an die Fersen heften. Da haben wir also den Salat: Führungskraft als Coach. Das ist zwar Quatsch, sagt die Wissenschaft (Beim Zahnarzt?), aber man versucht es trotzdem. Jetzt beginnt ein neues Spiel: Der eine zieht und zerrt, die andere dreht und windet sich. Warum funktioniert auch dieses Spiel nicht? Weil auch die Führungskräfte auf diesen Job – ich sage bewusst: transformationale Führung und nicht: Coaching – nicht gut vorbereitet wurden.

Das hätte wieder Geld gekostet. Und hätte auch ein anderes Mindset von den Führungskräften gefordert. Nicht kontrollieren, manipulieren, unter Druck setzen, Defizite finden – wofür sie eingestellt und vergütet werden. Sondern Potenziale finden, ermutigen, wertschätzen, empowern. Woher soll das kommen, das fällt nicht vom Himmel. Es wäre ein Systemwechsel. Wo kämen wir denn da hin?

Autor Hans-Peter Machwürth (Wie Chefs lernen, ihren Vertrieb zu coachen) hat sich dem Systemwechsel offenbar nicht verschrieben. Er spielt das Spiel mit und dreht am Rad ein Stückchen weiter: Noch mehr von demselben. Noch mehr Learning on the Job – so hieß das früher, Coaching nennt man das leider heute. Aber mit wirklichem Coaching hat das natürlich nichts zu tun. Denn es fehlt die Freiwilligkeit, es stört die Hierarchie, es zelebriert einen permanenten Rollenkonflikt, es atmet den Geist von Misstrauen. Es demonstriert, wie man die Idee von Coaching ins glatte Gegenteil verkehrt hat. Die Mitarbeiter merken die Absicht und sind verstimmt, um mit Goethe zu sprechen. Führungskräfte alter Schule bemerken solches in der Regel noch nicht einmal oder wenn, wischen sie das als störend und zu bekämpfen vom Tisch. Wo kämen wir denn sonst hin? – Vermutlich zu einer neuen Unternehmenskultur.

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