27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Die Lage ist ver-rückt

INSPIRATION: Die Zukunft des Arbeitens ist heute schon erlebbar. Natürlich nicht an jeder Ecke. Aber doch an prominenter Stelle. Und die Stellen kennt Raphael Gielgen, der für den Möbelhersteller Vitra arbeitet, als „Trendscout Future of Work & Learn“ (Einmal bitte alles anders). Gielgen betont, dass Unternehmen Future Literacy benötigen: „Die Fähigkeit, aus der Gegenwart heraus, die Zukunft zu antizipieren und entsprechende Ableitungen zu treffen“. Zuhören, lesen, rechnen lernen: Und zwar breiter als das normalerweise Unternehmen in ihren Strategie- und Innovationsabteilungen tun.

Was die Pandemie verändert hat, haben seiner Meinung nach die meisten Unternehmen noch nicht in der vollen Breite und Tiefe verstanden. „Alles war so schön sauber portioniert. 90 bis 95 Prozent der Arbeit war vorher in Firmengebäuden verortet.“ Jetzt sieht das Panorama anders aus: Homeoffice ist plötzlich normal. Und es fehlen überall Fachkräfte. Mitarbeiter werden selbstbewusster und fordernder. Führungskräfte drehen zunehmend am „Rad“. Die Lage ist ver-rückt.


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Das gute, alte Büro ist tot

Unternehmen investieren derweil in Technologien für einen Game-Change. Die Digitalisierung schreitet voran. Denn die Märkte und Rahmenbedingungen verändern sich schnell. Es geht auch um erneuerbare Energien und die Kreislaufwirtschaft. Was für ein Spagat. Und niemand wird den demografischen Wandel aufhalten können. Da reiben sich manche an alten Themen auf – zurück ins Büro, lautet die Parole (Wessen einziges Instrument ein Hammer ist). Man könnte auch radikal neu denken: „Mitarbeitende ohne Rücksicht auf deren Postleitzahl ein[zu]stellen.“ So sichert man sich die besten Leute. Aber dann muss man natürlich etwas dafür tun, dass Bindung und Kultur – auf andere, angemessene Art und Weise (Das Schlechteste aus beiden Welten) – erlebbar werden.

Und man muss massiv in interne Weiterbildung und besagte Future Literacy der Mitarbeitenden investieren. Die Frage nach dem guten alten Büro ist für Gielgen Schnee von gestern. Das neue Büro ähnelt eher einem Boutique Hotel. Oder noch weitergedacht: The city is the office. Kultur verändert sich, wenn sich Strukturen verändern. Unternehmen benötigen für Gielgen drei Räume:

  • Einen Raum für Rituale (Sozialraum)
  • Einen Raum für Innovation (Zukunftsraum)
  • Einen Raum für Transformation (Lernraum)

Für Autor Gielgen ist eine der zentralen Erkenntnisse der vergangenen Jahre die Notwendigkeit, „dass Wissensarbeit sichtbar gemacht werden muss.“ Teilhabe muss öffentlich, muss erlebbar werden – ein Ansatz, mit dem er nicht alleine ist (Am Lagerfeuer). Dafür benötigt man entsprechende Räume, also auch die materiellen Räume. Weil sie Kooperation strukturieren. Oft auch – wie nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute noch vielfältig erlebbar – nachteilig, indem sie Kooperation und Lernen unsichtbar machen oder sogar behindern. Im besten Fall könnten alle dem gemeinsamen Lernen zuschauen, Anteil nehmen und mitlernen. So erzeugt man Wirkung. Aus diesem Grund ist Gielgen auch der Ansicht, dass Virtual-Reality zum Lernszenario zwingend dazu gehören muss.

Ein kraftvoller Beitrag, der mir gut gefallen hat. Auch wenn ich überzeugt bin, dass die Beharrungskräfte in den Unternehmen enorm sind. Man sollte sie nicht unterschätzen. Viele wollen sich lieber mit dem Spatz in der Hand (die Relikten der Vergangenheit) arrangieren, als mutig nach vorne schauen (zur Taube auf dem Dach). Bei Vitra ist man offensichtlich schon lange sensibel für die Veränderungen und reagiert zeitnah darauf. Ein Aha-Erlebnis der besonderen Art hatte ich bei der Lektüre noch: Das dargestellte Raummodell erinnert mich an einen erhellenden Beitrag, den ich vor zehn Jahren im Coaching-Magazin lanciert habe (Das Raummodell als Landkarte für Coaching-Prozesse). Es dürfte sinnvoll sein, diese Gedanken weiter zu verfolgen.

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