2. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Achtung: Hier spricht das Direktionsrecht!

KRITIK: Ist New Work nur was für Schönwetter-Organisationen? Also solche, die das Hohe Lied aufs Empowerment singen? Nicht zu überhören ist inzwischen jedoch die „Back-to-Office“-Parole, die eigentlich eine Anweisung ist. Achtung: Hier spricht das Direktionsrecht!

Und schon öffnet sich der Graben eines organisationalen Dilemmas: „Einerseits wird Flexibilität, Agilität und Selbstbestimmung angestrebt; andererseits stellen ‚Back-to-Office-Anweisungen‘ institutionelle Regeln dar, die im Sinne des Bürokratiemodells von Max Weber Stabilisierungsfaktoren darstellen und den New-Work-Initiativen zuwiderlaufen.“ Tja, so kann man das in der Tat sehen.


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Ein spannendes Thema. Autor Wolfgang Bohlen (New Work und Macht in Organisationen) baut ein klassisches Spannungsfeld auf. Und er marschiert mit fünf Thesen durchs (verminte) Gelände:

5 Thesen

  1. „Das Thema Macht in Organisationen spielt im New-Work-Ansatz keine oder nur eine geringe Rolle.“ Man könnte sagen, also nicht nur ich sage das, es handelt sich um einen blinden Fleck. Auf jeden Fall darf man nicht einfach davon ausgehen, dass, wo Empowerment wichtiger wird, Macht automatisch an Bedeutung verliert. Das wäre schlicht naiv.
  2. „Nur ausgewählte Machtverständnisse sind mit dem New-Work-Ansatz kompatibel.“ Die klassische Definition von Max Weber mag den autoritären„Back-to-Office“-Apologeten in den Kram passen. Sie vergessen darüber aber gerne, dass der Zwilling der formalen Macht die informelle ist. New Work scheint stark mit der informellen Macht verbündet zu sein. Also: Dahin schauen!
  3. „Es ist aktuell ungewiss, ob der New-Work-Ansatz nur in einer machtfreien Organisation funktioniert.“ Macht ist – siehe These Nr. 2 – eine Austausch- und Verhandlungsbeziehung und kein Attribut. Es geht, wie schon Crozier und Friedberg sagten, um „Geben und Nehmen“. Lässt man also den „Knüppel tanzen“, sollte man sich nicht wundern, wenn man weniger bekommt als unter anderen Bedingungen möglich.
  4. „Der New-Work-Ansatz impliziert eine geringere Bedeutung von Macht in Organisationen.“ Das oben genannte Dilemma mag in die Arena der Prinzipienreiterei passen. In der organisationalen Praxis hat es sich jedoch längst als Streit um des Kaisers Bart entpuppt. Nicht die Machtfrage ist heute entscheidend, sondern die Vertrauensfrage entscheidet angesichts von hochkomplexen Lagen. Siehe These Nr. 3; und ich spitze das mal zu: Warum die berühmte Extrameile gehen, wenn die andere Seite knickrig ist? Die Extrameile bekommen man nur für Vertrauen. Nicht via Gehorsam.
  5. „Die (gegensätzlichen) Dimensionen Macht und Vertrauen in Organisationen verzögern eine Umsetzung des New-Work-Ansatzes.“ Es braucht heutzutage in hohem Maße interpersonales und Systemvertrauen. Das ist schön gesagt und richtig, wird aber im Beitrag nicht konkret ausgeführt.

Diskurswechsel

Autor Bohlen, der zuvor recht messerscharf seine Thesen aufgestellt hat, zieht nun doch eher indirekt, leise und beiläufig ein Fazit: Was passiert, wenn Mitarbeitende „bei einem innerbetrieblichen Wechsel zwischen Abteilungen oder bei einem Arbeitgeberwechsel von einem Kontext Organisation, in dem New Work eine bedeutende Rolle spielt, in einen Kontext wechseln, in dem New Work eine geringere Rolle spielt bzw. umgekehrt?“

Die Antwort kann sich die Leserschaft, Autor Bohlen erlaubt sich noch den kleinen Hinweis auf „Fachkräftemangel“, leicht selbst geben. Was Bert Brecht im Jahr 1935 noch als Fragen formulierte (Fragen eines lesenden Arbeiters) wird heute von Mitarbeitenden weniger zimperlich beantwortet. Und so mag man den von vielen heute gefühlten Stillstand in Organisationen auch auf Dienst nach Vorschrift – die wirksamste Waffe gegen Macht – zurückführen. Das ist ein kalter Streik – würde ich sagen. Autor Bohlen ist weit davon einfernt, so konkret zu werden.

Butter bei die Fische

Und deshalb muss man noch ein paar Zeilen anfügen: Es ist ja nicht so, als ob das Thema Macht bislang unerkannt geblieben wäre (Ich war noch niemals in New Work). Insbesondere die Beschäftigung mit dem Thema Gruppendynamik (Wenn’s dann rappelt im Karton) vermisst man beim Autor Bohlen komplett. Ebenfalls haben wir schon Substanzielles zum Thema Vertrauen gelesen – also jenseits von Luhmann (Loslassen und vertrauen).

„Kommen Sie also mal aus der Sphäre der Prinzipien herunter auf den Shop Floor,“ möchte ich dem Autor zurufen. Da passiert schon eine ganze Menge. Und schauen wir, was sich in nächster Zeit noch entwickeln mag. Mir scheint, immer mehr Menschen haben erkannt, dass es mit den alten Rezepten (und dem dazugehörigen Personal) nicht weitergehen kann. Und dass Rettung nicht vom Himmel fällt. Die muss man schon selbst organisieren (Nach uns die Sintflut?).

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