REZENSION: Rüdiger Hossiep / Wolfram Berndt / Jennifer Esther Zens – Mitarbeitergespräche. Motivierend, wirksam, nachhaltig (3. Aufl.). Hogrefe 2024.
Im renommierten Hogrefe-Verlag betreut ein akademisch geadeltes Herausgeber-Team von Hochschulprofessor(inn)en die Reihe „Praxis der Personalpsychologie“. Damit ist dann auch der Rahmen für das hier vorgestellte Werk sogleich gesteckt: Zum einen richtet sich das Buch ausdrücklich an Praktiker, also Mitarbeitende und insbesondere Führungskräfte, die selbst Mitarbeitergespräche zu führen haben. Zum anderen greift es aber ebenso ausdrücklich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurück, die dann aus der Personalpsychologie samt verwandten Disziplinen wie der Kommunikationsforschung stammen. Damit ist der dahinter liegende Brückenschlag bereits skizziert, was allerdings auch die Frage aufwirft, ob dem Buch ein „Sowohl-als-auch“ gelingt. Oder ob letztlich doch mehr ein „Weder-noch“ resultiert. Doch vor der unmaßgeblichen Bewertung zunächst einmal zu den im Buch enthaltenen Inhalten:
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Zu Beginn findet eine ausführliche Begriffsklärung statt. Schließlich ist der Begriff Mitarbeitergespräch weder sonderlich spezifisch noch alternativlos. Außerdem sollte das Gespräch als solches im Kontext einer formalisierten, systematischen Leistungsbeurteilung erfolgen, welche aber ausdrücklich hier nicht im Mittelpunkt steht. Ebenso wenig wie noch konkretere Konzepte wie die „Balanced Scorecard“ oder die „Objectives & Key-Results-Methode OKR“. Hier geht es also „nur“ um das reine Gespräch, das dann aber in ganz unterschiedlichen Settings oder zu variierenden Anlässen erfolgen kann, zum Beispiel als:
- Konfliktlösungsgespräch
- Rückkehrgespräch
- Austritts- oder Trennungsgespräch
- Zielvereinbarungsgespräch
- Coachinggespräch oder auch
- „agiles Gespräch“ im Rahmen von „New Work“
Gespräche und Gesprächsführung
Diese – und weitere – Formate werden recht kompakt gegenübergestellt, hätten aber – verständlicherweise – auch deutlich differenzierter „aufgebohrt“ werden können. Stattdessen werden mehr Gemeinsamkeiten für die Kommunikation in Mitarbeitergesprächen allgemein herausgearbeitet. Zum Beispiel die Unterscheidung in eine direktive gegenüber einer non-direktiven Gesprächsführung zur Schaffung eines positiven Gesprächsklimas. Dabei sollte möglichst viel Verhaltens-Feedback (was nicht persönlichkeitsbezogen meint) gegeben und idealerweise auch vom Gegenüber eingeholt werden. Gleichzeitig soll davon ein Motivationsimpuls ausgehen.
Und weil dies bekanntlich in der Unternehmensrealität alles nicht ganz einfach ist, werden im Buch direkt auch verschiedene Trainingskonzepte (En-bloque-, Intervall- sowie Online-) sowie Fallbeispiele dazu aus der Praxis vorgestellt. Weitere konkrete „Dienstleistungen“ an die Anwender sind Beispieldialoge, Checklisten und Fragenkataloge. Zudem zwei herausnehmbare Tafeln mit den „10 Geboten des guten Zuhörens“ sowie Feedbackregeln, dazu noch konkrete Anregungen für die Durchführung samt Ablaufplan.
Insofern steht am Ende der Lektüre fest, dass dieses Buch – im Gegensatz zu manch anderer von Wissenschaftlern generierten Literatur – auch wirklich für seine Leserschaft und nicht bloß maßgeblich für das Autorenteam selbst geschrieben wurde.
Ein bewährter Klassiker
Und die hier vorgestellte dritte Auflage macht deutlich, dass dieses Buch auch schon länger von der Kundschaft geschätzt wird. Insbesondere rund um Stichwörter wie New Work, Remote Leadership oder variable Vergütung wurde die hier besprochene Ausgabe in einigen Bereichen auch noch gezielt aktualisiert (wenngleich eine Übersichtstabelle zu einschlägigen Forschungsarbeiten bereits im Jahrgang 2018 zum Stehen kommt und keine neuere Literatur mehr beinhaltet). Andererseits bekennen sich die Autoren schon im Klappentext dazu, keine schlichten Rezepte liefern zu wollen. Sondern „nur“ handhabbare Empfehlungen mit wissenschaftlicher Fundierung.
Diesem Produktversprechen wird das Buch dann auch gerecht und verwöhnt die Augen des Lesers dabei durch seine zeitgemäß-frische Aufmachung. Allerdings ohne heutzutage oft übliche, dann aber meist „unwissenschaftliche“ Bilder (Cartoons, Icons oder andere optische „Spielereien“) einzuflechten. Damit bleibt es seinem akademisch-seriösen Anspruch treu. Muss sich aber auch der umfangreichen Konkurrenz anderer Autoren zum gleichen Thema stellen, die vielleicht noch etwas anwenderfreundlicher bis hin zu reißerisch an dieses Menschheitsthema herangehen.