INSPIRATION: Wenn Mitarbeitende sich nicht an die Regeln der Compliance Manager halten, wird es ernst. Die Antworten der meisten Unternehmen: Noch mehr Regeln, mehr Kontrolle und Trainings. Aber nicht nur, dass all das wenig hilft – es führt oft sogar zu mehr Fehlverhalten. Eine uralte und sattsam bekannte Erkenntnis: Wer Menschen misstraut und sie verstärkt kontrolliert, der schafft eine Atmosphäre des Misstrauens, und in einer solchen werden Regeln sogar häufiger gebrochen. Nach dem Motto: „Wenn Ihr uns nicht traut, bekommt Ihr, was Ihr verdient.“ Und Menschen sind nun mal höchst erfinderisch in dem Umgehen von Regeln.
So wie in dem Beispiel einer Bank, die ein Punktesystem entwickelt hatte. Dieses sollte der Früherkennung von Risiken dienen. Die zuständigen Manager in jedem Bereich sollten die Risiken bewerten, ihre Einschätzung wurde dann vom übergeordneten Risikomanagerinnen überprüft (Nudge, nudge: Immer schön die Regeln einhalten). Nicht weiter verwunderlich, dass jeder versuchte, eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen und daher kritische Ereignisse entweder unter den Tisch fallen ließ oder sie so darstellte, dass sie bei der Überprüfung nicht auffielen. Und wenn doch, wurden die Punktzahlen revidiert, was nicht gerade zur Motivation beitrug.
Die Alternative?
Behavioral Risk Management: Gemeint ist, dass man Maßnahmen entwickelt, die das unerwünschte Verhalten schlichtweg weniger wahrscheinlich machen. Die Autoren haben durch viele Interviews in den betroffenen Unternehmen so einige weitere Ursachen gefunden, warum alle möglichen Vorgaben der Compliance Manager wenig fruchten. Wenn z.B. Mitarbeitende sich lautstarke Vorwürfe anhören müssen, wenn sie Fehler machten. Auch ein Problem: Entscheidungen über Beförderungen wurden als unfair empfunden. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, hat wenig Anlass korrekt zu handeln.
Wie sehen nun die alternativen Ansätze aus? Die Antwort ist schrecklich simpel: Miteinander reden. Hierzu werden zwei Workshop-Formate empfohlen: In dem einen (Nudge Labs) werden Mitarbeitende gebeten, in ihrem Bereich sogenannte „Nudges“ zu entwickeln, die quasi spielerischen Einfluss auf das Verhalten haben. Als Beispiel wird hier eine Bank genannt, in der man festgestellt hatte, dass es keine gemeinsamen Ziele gab. Man entwickelte ein interaktives Banner für die e-Mail-Signatur, in dem der Name und ein Bild des zuständigen Mitarbeiters zu sehen ist. Das führte schon zu einer Zunahme an gegenseitigem Vertrauen. Naja …
Miteinander reden hilft
Das zweite Workshop-Format sind „System-in-the-Room-Sessions“. Hier treffen sich hochrangige Manager aus vielen unterschiedlichen Bereichen, sie setzen sich damit auseinander, wie sich ihr eigenes Verhalten auf andere auswirkt. Dazu nehmen sie die Perspektive der anderen ein. So fand man in einer Bank ebenfalls als Ursache für Fehlverhalten mangelnde Zusammenarbeit und „erfand“ wöchentliche „System-Update-Meetings“ im Anschluss an ohnehin stattfindende Sitzungen. Diese dauern lediglich 10 Minuten, aber sie stärken das Gefühl der Verbundenheit und bieten mehr Einblick in die Probleme und Sichtweisen der anderen.
Wie gesagt: Miteinander reden hilft. Wer jetzt meint: „Aber so verhindert man doch kein Fehlverhalten!“, der sei daran erinnert, dass es hier um Prävention geht, nicht um Aufdeckung. Es ändert viel, wenn man Menschen zusammenbringt und diese sich stärker als Einheit empfinden. Betrug fällt schwerer, wenn man diejenigen gut kennt, die darunter zu leiden haben.