INSPIRATION: Die Geschichte lässt aufhorchen. Bei der Telekom im Bereich Unternehmenskommunikation konnten 140 Mitarbeiter vier Vertreter in den Führungskreis gewählt. Ein Experiment mit Zukunft?
Tatsächlich gab es einen richtigen Wahlkampf, und nun sitzen die vier MAV (Mitarbeiter-Vertreter) im erlauchten Gremium der Führungskräfte – mit den gleichen Rechten und Pflichten wie diese, heißt es (Eine Stimme für den Chef).
Aber was genau bedeutet das? Die vier haben ja keine ihnen zugeordneten Mitarbeiter, sind in dem Sinne also keine „Führungskräfte“. Sie haben auch keine Budgetverantwortung, und bei den beiden Themen „Personal“ und „Budget“ dürfen sie auch nicht mitreden.
Bleibt nach meinem Eindruck übrig, dass sie zu Besprechungen der Führungskräfte eingeladen werden und dort mitreden und auch mitentscheiden dürfen (mit Ausnahme von Budget und Personal).
Immerhin, finde ich, ein Schritt nach vorne. Vertreter der Mitarbeiter sitzen mit am Tisch, wenn Entscheidungen getroffen werden. Sie können somit nicht nur nachvollziehen, warum bestimmte Entscheidungen fallen, sondern sogar dabei mit abstimmen. Also „mehr Demokratie am Arbeitsplatz“?
Schon, mit einem Makel, wie ich finde. Ich habe noch nie verstanden, warum es überhaupt die Führungskreise gibt. Oft genug habe ich erlebt, dass dort Menschen diskutierten und entschieden, die von der Materie wesentlich weniger verstanden als viele ihrer eigenen Mitarbeiter. Und wenn man nun den Schritt wagt, Mitarbeiter eine Stimme in einem Entscheidungsgremium zu geben – warum muss diese Stimme an vier gewählte Personen gehen?
Will sagen: Warum lässt man nicht die Teams oder Bereiche Vertreter entsenden in Abhängigkeit von den Themen, um die es geht? Vermutlich haben die Mitarbeiter bei der Telekom durchaus integre und vertrauenswürdige Menschen gewählt – aber sind es auch diejenigen, die bei JEDEM Thema wirklich in Entscheidungen einbezogen werden sollten, weil sie von JEDEM Thema so viel Kenntnisse besitzen?
Ein Anfang, sicher. Und ein interessanter Versuch, Bewegung in hierarchische Strukturen innerhalb eines Konzerns zu bringen. Aber hier wird ein demokratisches Prinzip übertragen (nämlich das der Wahlen für bestimmte „Perioden“), was meines Erachtens gar nicht nötig wäre. Bin gespannt, ob wir nach dem Jahr (so lange soll das Experiment dauern) etwas über die Erfahrungen und den Fortgang zu lesen bekommen.