KRITIK: Zugegeben – das mit der ständigen Erreichbarkeit ist ein Problem. Ständig tauchen auf den Bildschirmen der Laptops und Smartphones Meldungen auf, die uns anzeigen, dass uns jemand eine Nachricht gesandt hat. Dann unterbrechen wir das, was wir gerade tun, um nachzuschauen, was es wohl gerade Wichtiges gibt. Tauchen die Meldungen aber längere Zeit nicht auf, werden wir auch ganz unruhig. Wir vermuten einen Fehler in der Technik oder, noch viel schlimmer, dass tatsächlich niemand etwas von uns will.
Ein Psychologe rät im Harvard Business Manager, sich, ähnlich wie bei einer Sucht, langsam zu entwöhnen (Regelmäßig abschalten). Man schaltet alle elektronischen Geräte aus und stellt sich einen Wecker auf 15 Minuten. Wenn dieser klingelt, checkt man auf allen Geräten, ob man eine Nachricht empfangen hat. Dann werden sie wieder ausgeschaltet. Wenn man die viertel Stunde aushält, ohne nervös zu werden, verlängert man den Zeitraum. Bis man irgendwann eine Offline-Zeit von einer Stunde oder mehr geschafft hat.
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Zweiter Tipp: Unser Gehirn hat einen natürlichen 90 Minuten Rhythmus. Daher sollte man nach 90 Minuten eine Pause einlegen, alle Geräte abschalten und spazieren gehen. Oder Sport treiben. Oder meditieren. Der Psychologe schaffte es, jemandem namens Marco mit derartigen Tipps dazu zu bringen, schon nach einem Monat „die Technik eine halbe Stunde lang zu ignorieren“.
Technik mit Technik bezwingen
Einen ganz anderen Ansatz wählt eine Expertin für soziale Medien. Alexandra Samuel glaubt, dass man die Technik nur mit der Technik selbst bezwingt (Feuer mit Feuer bekämpfen). Das klingt erst mal seltsam: Kann man Alkoholsucht mit Alkohol bekämpfen?
Bei digitalen Medien soll das so funktionieren, dass man z.B. E-Mails vom System filtern lässt. Dann tauchen im Eingangspostkorb nur noch die Dinge auf, die wirklch wichtig sind. Der Rest landet in Ordnern, die man dann regelmäßig prüft – eine Stunde pro Tag oder pro Woche, je nach Umfang.
Ich frage mich, wo der Unterschied ist: Dann prüfe ich nicht den Eingangspostkorb, sondern die Unterordner. Es sei denn, ich stelle irgendwann fest, dass dort sich nie etwas von Bedeutung befindet – das wäre ein Lernfortschritt.
Aber dann wird es ganz übel: Der heutige Manager sollte auch in sozialen Netzwerken tätig sein. Tägliche Präsenz in sozialen Medien ist Pflicht – also immer fleißig auf Facebook und Twitter posten. Aber was? Die Expertin hat Rat. Es gibt nämlich Tools, z.B. Nachrichten-Apps. Die stellen wir so ein, dass sie Nachrichten in Ihrem Namen auf Knopfdruck in mehreren sozialen Medien gleichzeitig posten. Dann brauchen Sie gar nicht lange selbst nach interessenten Meldungen suchen, sondern sind mit „soliden Inhalten“ überall vertreten und alle Welt staunt, was Sie ihr zu bieten haben.
Mir wird schlecht. Wir werden zugeschüttet mit Meldungen von „Freunden“, aber diese Freunde versenden die Meldungen gar nicht selbst, sondern lassen versenden. Und wir filtern sie dann mit anderen Tools wieder raus und lassen sie im digitalen Mülleimer verschwinden. Was für ein Schwachsinn.