27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

EdTechs auf dem Vormarsch

KRITIK: Vor Kurzem saß ich in einem Café, am Nachbartisch saß eine ältere Dame und füllte in einer kleinen Schrift Karteikarte um Karteikarte. Ich habe sie nicht angesprochen, aber vermute, sie bereitete sich auf eine Prüfung vor. So mancher wird sich lebhaft erinnern, vor allem, dass man sich solche Arbeit in Lerngruppen geteilt hat. Ändert sich das alles in Zeiten des digitalen Lernens?

Mit digitaler Bildung wurden im Jahr 2021 rund 255 Milliarden Dollar umgesetzt, bis 2027 soll sich der Markt verdoppeln. Etliche Education-Technology-Start-ups (EdTechs) sind enorm viel wert und versprechen, das Lernen zu revolutionieren. Es gibt unzählige Anbieter, neben den erwähnten Start-ups natürlich auch Unternehmen, die schon ewig analoge Bildung anbieten. Und natürlich Universitäten wie die Harvard Universität.


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Zurück zu den Kartei-Karten. In dem Beitrag in der Brand eins (Das neue Lernen) wird ein deutsches Start-up vorgestellt, mit dessen App man digitale Karteikarten erstellen kann (StudySmarter). Ich habe sie mir heruntergeladen und mir ein erstes Kartenset erstellt (für alle, die es ausprobieren möchten: Es heißt „Gartenstauden“, weil ich immer mal wieder mir vorgenommen habe, Pflanzen in Gärten auf einen Blick erkennen und benennen zu können). Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich zurecht gefunden habe, aber im Grunde ist es nicht schwer.

Wie beim klassischen Lernen mit Karteikarten

Man kann PDF- und PowerPoint-Dateien hochladen, Passagen markieren, in Karteikarten einfügen und diese mit entsprechenden Fragen versehen. Und sich dann, wie beim klassischen Lernen mit Karteikarten, die Fragen anzeigen lassen, anklicken, ob man sich bei der Antwort sicher ist oder nicht und dann dieselbige anschauen. 

Revolutionär? Auf den ersten Blick eher nicht. Sicher, ich kann auf tausende Karteikarten von anderen Lernenden zugreifen, aber wie zuverlässig sind diese? Der große Lerneffekt, der allein dadurch entsteht, dass ich mir meine eigenen Lernkarten erstelle, entsteht dabei nicht. Eher die Gefahr, dass ich mich ziemlich verzettele. Andererseits: So wie ich mir mein Lernset erstellt habe, nämlich Fotos von Pflanzen hochladen und die Namen dazu packen – das wäre schon sehr mühsam mit Papierkarten.

Sind solche Tools tatsächlich die Milliarden wert, die für die Start-ups gezahlt werden? Ich weiß es nicht. Es gibt angeblich 56 Unicorns weltweit in dem Sektor! Nur eines stammt aus Europa, und das sitzt in Österreich. Es bietet Online-Nachhilfe im Video-Call an. Finde ich jetzt auch nicht so revolutionär. Es nutzt die Digitalisierung, um Lehrer und Lernende zusammen zu bringen, die sonst nie eine Chance hätten, sich zu begegnen, so wie Anbieter und Kunden über viele Plattformen über Landesgrenzen hinweg Geschäfte tätigen. Das ist sicher ein Fortschritt. Auch wenn er offenbar nicht ganz ungetrübt ist, es werden schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Qualität des Angebots kritisiert.

Unspektakulär

Ein Trend, der sicherlich interessant wird: Wenn die großen Universitäten anfangen, ihre Materialien online anzubieten, dann haben auf einmal Menschen Zugriff auf qualitativ hochwertige Bildung, die bisher dazu keine Chance gehabt hätten. Allerdings könnte das den „Tod für Hunderte kleine und wenig renommierte US-Universitäten bedeuten.“ Und wer weiß, wie sich das auf den Bildungsmarkt in Deutschland auswirkt.

Ich hoffe allerdings auf eine ganz andere Konsequenz aus all der Digitalisierungseuphorie: Das einfache Hochladen von Folien und Texten ist doch alles andere als innovativ. Damit wird weiterhin Wissen in Menschen hineingestopft mit dem Ziel, es zum Tag X bei irgendeiner Prüfung wieder ausspucken zu können. Vielleicht treibt ja die gewaltige Konkurrenz der digitalen Anbieter die etablierten Bildungseinrichtungen, sprich Schule oder Hochschule, dazu, sich Gedanken über Alternativen zu dieser traurigen Form des Lernens zu machen. Bei der man eben nicht mehr Inhalte von Karteikarten auswendig lernt, sondern wirkliche Fähigkeiten und Kenntnisse erwirbt, die man praktisch umsetzen kann. Das wäre dann die Chance der kleineren Universitäten und Anbieter. Schön wär’s …

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