11. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Gut gekontert

KRITIK: In der people&work stellt sich Prof. Jürgen Weibler den Fragen des Herausgebers und räumt dabei mit so manchem Klischee auf. Seltsam an dem Text sind aber nicht nur die Fragen, sondern auch, wie wenig Neues sich offenbar auf dem „Fachgebiet“ so tut. Es geht los mit einer Frage zu seinem Hauptwerk, das jetzt in der 4. Auflage erscheint (Personalführung) und über 900 Seiten umfasst. Er möge doch mal den wichtigsten Satz hieraus zitieren (Personalführung ist nicht so easy).

Macht er auch, aber der Satz ergibt zunächst keinen Sinn. Womit er die Frage entlarvt, die wie so oft auf eine Art Führungsformel abzielt, die es nun mal nicht gibt. So wie es eben kein Gen für Führung gibt (auch wenn so mancher glaubt, es zu besitzen). Und weder die eine Führungseigenschaft, noch das ideale Bündel an Eigenschaften. Der Forscher ist inzwischen der Überzeugung, dass es einfach sinnlos ist, weitere Checklisten aufzustellen, die die Formel für erfolgreiche Führung abbilden sollen. Und dennoch lässt er sich zu einem Fazit hinreißen: „Es geht besser, befriedigender, produktiver.“ Soll heißen: Egal, wie jemand führt, er kann sich ständig zu Positiven ändern.


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Gibt es Führungsfähigkeit an sich?

Ach was, denke ich, wo gilt das nicht? Selbst der geniale Musiker, der großartigste Sportler, der perfekte Handwerker kann eines immer: Noch besser werden. Wobei wir schon an einem Knackpunkt sind: Bei der einen Führungskraft reichen Feinjustierungen, bei der anderen bedarf es grundlegender Anpassungen. Um bei meinem Vergleich mit den Sportlern und Künstlern zu bleiben: Vermutlich wird aus den meisten nie eine erfolgreiche Führungskraft, egal, wie viel sie „trainieren“. Das deuten auch die Erkenntnisse im weiteren Verlauf des Gespräches an. Da fragt der Interviewer,

ob die Qualität der Führungskräfte normalverteilt sei. Womit wieder angedeutet wird, dass es so etwas wie Führungsfähigkeit gibt, die man mehr oder weniger hat. 

Die Antwort mag ernüchtern. Weibler sieht eher eine kleine Gruppe ziemlich weit rechts (die „Guten“), die Mehrheit aber tummelt sich links von der Mitte (die „Schlechten“). Und ganz links befinden sich die toxischen Führungskräfte. Schön für alle, die sich auf dem Gebiet der Führungskräfteentwicklung tummeln, die Arbeit geht nicht aus.

Noch mehr Merkwürdigkeiten gefällig? Der Herausgeber kommt mit dem Eindruck um die Ecke, dass Mitarbeiter heute mehr umhegt und gepflegt werden sollen. Und später noch mal damit, dass Führung sich „hinter soften, sensiblen, subkutanen Interventionen versteckt“. Mit anderen Worten: Wird es nicht Zeit, dass wieder klare Kante gezeigt wird? Der Professor nimmt es gelassen. Natürlich geht es um Ergebnisse, um Ökonomie, aber „Immer wieder jemanden anzuregen, seine Meinung zu sagen, dafür zu sorgen, das andere ausreden können, nicht die eigenen Probleme auf andere zu projizieren, zu erkennen, dass die Welt sich nicht nur um einen selbst dreht,“ das hält er für keine schlechte Idee. Bingo!

Verunsicherte Führungskräfte

Und was die softe Führung angeht, so ist sein Eindruck ein ganz anderer: Dass nämlich Führungskräfte verunsichert sind und wir derzeit einen Trend zum Autoritären erleben. Am Ende wird er noch einmal ganz deutlich: Er bezweifelt die Feststellung, Mitarbeitende würden ganz viel Leadership erwarten. Tatsächlich sei die Führungslandschaft vielseitig, es wird ganz viel experimentiert, so dass er es vorzieht, von „pluraler Führung“ zu sprechen. 

Genug davon. Wie schon eingangs erwähnt: So wirklich voran bringt uns auch diese Diskussion nicht. Neben pluraler Führung ist hier irgendwo auch noch von ästhetischer Führung die Rede, vermutlich füllt sie ein Kapitel in dem Grundlagenwerk. Apropos Grundlagenwerk auf 900 Seiten: Ohne es gelesen zu haben frage ich mich, warum nach wie vor so viele Theorien und Konzepte gelehrt werden (das Werk richtet sich ja auch an Studierende)? Kommt mir so vor, als würden in einem Handbuch der Chirurgie noch Operationsmethoden vorgestellt, die längst nicht mehr praktiziert werden. Oder warum tauchen immer noch Begriffe wie  „Autoritär“ und „Laissez-Faire“ auf? Mein Verdacht: In Ermangelung guter Theorien verbreitet man eben immer wieder die alten Hüte. 

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