Sie sind Personalentwickler – oder Talent-Manager, wie man heute gerne sagt – und möchten klären, welche Rolle das Thema Persönlichkeit in Ihrem Tätigkeitsspektrum haben soll. Ist Persönlichkeit für Personalauswahl und -entwicklung hilfreich? Oder für die Team- und Organisationsentwicklung? Wenn nicht, was wären Alternativen?
Oder Sie sind Führungskraft. An Sie wird die Forderung gestellt, die Persönlichkeit Ihrer Mitarbeitenden zu fördern. Geht das? Wie macht man das? Und was bringt das? Wo liegen Fallstricke? Wie kann man das Thema souverän angehen?
Grundsätzliches
Die kommunikative Kraft: Das Thema Persönlichkeit ist völlig überfrachtet. Es wird alltagspsychologisch viel zu viel hineingepackt, was besser separiert werden sollte (Charisma, Mut etc.). Der Kern solcher Vorstellungen: Es geht um eine stabile Disposition einer Person. Zum Artikel
Umstrittene Typologien: Disposition bedeutet, man geht von dominanten Verhaltenstendenzen einer Person aus, die unabhängig von der konkreten Situation beobachtbar sind. Die simpelste Idee ist, diese zu Persönlichkeitstypen zu bündeln. Oft sind es vier an der Zahl. Zum Artikel
Bipolare Skalen: Die wissenschaftliche Variante sortiert die Verhaltenstendenzen einer Person fünf bipolaren Dimensionen zu (Big 5). Somit gibt es kontinuierliche Übergänge statt Schubladen. Und eine hohe statistische Zuverlässlichkeit. Zum Artikel
Steckt Persönlichkeit in der DNA? Ein vermintes Gelände. Dass Persönlichkeit von unseren Genen als auch von unserer Sozialisation geprägt wird, sollte einleuchten. An der Sozialisation kann man ansetzen (Lernen). Aber am Gehirn „schrauben“? Das weckt Ängste. Zum Artikel
Neurowissenschaftliches Modell: Während Typologie und Big 5 lediglich Selbstauskünfte von Personen zu einem Profil kondensieren, findet die Neurowissenschaft als dritter Ansatz sechs psychoneurale Grundsysteme der Persönlichkeit empirisch vor. Zum Artikel
Anwendungsszenarien: Ist das Konzept Persönlichkeit ein Schlüssel, um HR-Fragestellungen wie Personalauswahl und -entwicklung zu bearbeiten? Oder die Zusammensetzung von Teams? Da wird von Beratern gerne viel versprochen. Wofür soll eine Persönlichkeitsdiagnostik gut sein? Zum Artikel
Die „dunkle Triade“: In den letzten Jahren geriet kontraproduktives Verhalten und damit das Konzept der sogenannten dunklen Triade der Persönlichkeit zunehmend ins Blickfeld: Narzissten, Machiavellisten und Psychopathen malträtieren den Unternehmensalltag. Zum Artikel
Kritisches
Auf ein Profil festgenagelt: In der Praxis wird aus der gut gemeinten Idee, die Mitarbeiter für Persönlichkeit und Veränderungen derselben zu sensibilisieren, schnell das Gegenteil: Dynamik und Situation werden schnell rausgekürzt. Fertig ist die Stigmatisierung. Zum Artikel
Facelifting: Persönlichkeitsentwicklung – das hört sich an wie eine Verabredung mit der Kosmetikerin. Und es hat sich längst herum gesprochen: So viel ist da gar nicht zu verändern. Jedenfalls nicht an der Persönlichkeit. An der Kompetenz allerdings schon. Zum Artikel
Die ultimative Persönlichkeit: Das klingt nach Heldenmythos-Kitsch. Ist aber dummes Zeug. Es kommt immer auf die Passung an. Der Elefant im Porzellanladen macht keinen Sinn. Vergessen wir besser die Parolen vom extravertierten Verkäufer. Zum Artikel
Dunkle Triade: Früh schon wurde der Hang der Personaldiagnostiker kritisiert, bloß auf das Individuum zu schauen (Tunnelblick). Doch kontraproduktives Verhalten hängt nicht nur von der Persönlichkeit ab. Es kommt auch immer auf den Kontext an. Die Gelegenheit macht Diebe … Zum Artikel
Innovatives
Überschätzt: Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse korrigieren das alte Bild der Relevanz von Persönlichkeit. Sie kann Berufserfolg nur mäßig vorhersagen. Andere Methoden der Personalauswahl sind dafür deutlich besser geeignet. Zum Artikel
Stille Denker: Weg mit den Stereotypen! Lassen Sie sich nicht blenden, schauen Sie einmal genauer hin, wo ihre Leistungsträger sitzen. Im Unternehmen braucht es immer einen Mitarbeitenden-Mix – und Wertschätzung für Indivualität. Zum Artikel
Glaubenssätze: Statt auf Persönlichkeit sollten wir vielmehr auf Glaubenssätze schauen. Das sind Einstellungen, die wir in der Sozialisation verinnerlicht haben. An deren Veränderung kann man eher arbeiten. Zum Artikel
Kompetenz: Persönlichkeit ist nur die „halbe Miete“. Auch Introvertierte können einen gelungenen öffentlichen Auftritt hinlegen. Stärken wir also die Mitarbeitenden darin, Kompetenz zu entwickeln. Zum Artikel
Rollenmanagement: Wir agieren immer in Situationen. Sozialkompetenz entsteht in der Interaktion. Stärken wir also die Mitarbeitenden darin, ihre Rolle gut zu managen. Ein Thema, das gerade in agilen Zeiten immer wichtiger wird. Zum Artikel
Sonstiges
Mindset: Früher sprach man von „Einstellung“, „Haltung“, von „Mentalität“ oder von „Verhaltensmustern“. Nun ist alles plötzlich „Mindset“. Und das muss zum Business Case passen. Noch so eine Vokabel, die eine „Schrauber“-Mentalität im Unternehmen entlarvt. Zum Artikel
Gen-Z: Auch so ein Schubladenthema – zehn Jahrgänge in eine Kiste. Einen Tag früher geboren: andere Kiste. Soll man das ernstnehmen? Das ermöglicht aber zugespitzte und rechthaberische Diskurse. Als ob wir nicht anderes bräuchten in unseren Unternehmen … Zum Artikel