4. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Beweislastumkehr

INSPIRATION: Was hat man in den letzten Monaten nicht alles lesen können über das Neue Normal, über hybrides Arbeiten und Führen. Da war viel Halbgares, Verquastes oder Nörgeliges dabei. Die managerSeminare bringen endlich einmal einen Beitrag, der frisch daherkommt, die Sache auf den Punkt bringt und dabei auch fachlich fundiert ist (Das neue Nicht-Normal).

Autor Sebastian Pflügler packt den Stier bei den Hörnern und konstatiert, dass „sich bei der Homeoffice-Diskussion die Beweislast quasi umgekehrt“ hat – im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Und: Recht hat der Mann! Wenn das auch nicht jeder gerne hören möchte, manche gar meinen, man müsse jetzt die Mitarbeiter wieder zurückholen – ohne Wenn und Aber. Diese werden ihr Waterloo, wenn nicht schon aktuell, dann spätestens in einigen Wochen und Monaten erleben. Meine Ansage (Den Kopf in den Sand): Die Deutschen gehen nicht auf die Barrikaden wie die Franzosen. Es ist schlimmer: Sie schlagen sich in die Büsche.

Die neue Lage

Die Beweislast hat sich umgekehrt, bedeutet, „dass Unternehmen begründen müssen, warum Mitarbeitende wieder ins Büro kommen sollen – und welchen Mehrwert das verspricht.“ Der Autor resümiert die neue Lage schonungslos:

  • Anwesenheitsorientierung: „Seid ihr alle da?“ Dieses „Management by Kasperletheater“ (Originalton einer renommierten Arbeitszeitberatung schon vor 20 Jahren) ist obsolet. Das haben die Mitarbeiter in zwei Coronajahren durch produktive Arbeit eindrücklich bewiesen. Der offenbar ungebrochene Kontrollwahn etlicher Führungskräfte erscheint da schlicht aus der Zeit gefallen.
  • Eignung verschiedener Orte und Interaktionsformate: Hier wird um des Kaisers Bart gestritten. Es gibt nicht „The One Best Way“. Wie die Arbeit am besten funktioniert, muss individuell und differenziert ausprobiert und langfristig beobachtet werden.
  • Das Soziale: Es ist ein menschliches Grundbedürfnis und darf nicht zugunsten sogenannter rationaler Kalküle abgewertet werden.
  • Interessenskonflikte: Viele Köche verderben den Brei. Wirtschaft ist kein Ponyhof. Die Wertschöpfung und die Überlebensfähigkeit des Unternehmens müssen gesichert sein. Andererseits werden hybride Modelle nur auf der Basis von Vertrauen und gutem Willen aller Beteiligten funktionieren. Es braucht also eine Verhandlungslösung, die möglichst viele ins Boot holt.

Wofür braucht man eigentlich Präsenzarbeit?

Wie können nun Unternehmen zu einem hybriden Arbeitsmodus finden? Sie müssen „nicht nur klären, wer wann im Büro arbeiten soll, sondern auch, wie damit ein echter Zusatznutzen zur Heimarbeit geschaffen werden kann.“ Folglich geht es um solche Fragen: Wofür braucht man eigentlich das Analoge, die Präsenz – und wofür nicht? Wie viel braucht man davon? Wie soll ein hybrider Mix aussehen? Wie sollen solche Präsenzphasen sinnvoll gestaltet werden? Und – von wegen Beweislastumkehr: Was bietet das Unternehmen den Mitarbeitenden an, womit will es sie wieder ins Büro locken? Der Autor formuliert eine 4K-Formel der Präsenz:

  • Kommunikation: Vor allem informelle wie Flurfunk, kleiner Dienstweg, beiläufige Weitergabe impliziten Wissens und teamübergreifender interdisziplinärer Austausch – das sind die Schätze der Vor-Ort-Arbeit.
  • Komplexität: Je unklarer und emotionaler die Lage, desto wichtiger ist das Arbeiten in Präsenz. Wichtige Veranstaltungen wie Kick-offs oder Projekt-Setups, aber auch Entscheidungsmeetings sollten nicht digital angesetzt werden.
  • Kreativität: Sie braucht – nicht in den Phasen der Informationssammlung, aber in denen der Synthese – das gemeinsame analoge In-Resonanz-Gehen vor Ort.
  • Kultur: Die wichtigen, tieferen Ebenen werden erst bei informellen Abläufen, im Biotop vor Ort, in dem die leisen Zwischentöne, Gesten und Konnotationen offenbar werden, erlebbar.

Schön zu sehen, wie klar hier jemand argumentiert, der offenbar seine Hausaufgaben in der Arbeits- und Medienpsychologie gemacht hat.

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