INSPIRATION: Die ETH Zürich hat ihr Konfliktmanagement-System überarbeitet und aus den Erfahrungen der Vergangenheit Konsequenzen gezogen. Eine Blaupause für andere Organisationen? Ich finde schon. Der Reihe nach.
Universitäten sollten Orte für Diskurse und Kontroversen sein, nur so entsteht Fortschritt und neues Wissen. Aber wenn die Auseinandersetzungen mit Abwertung, Ausgrenzung und Diskriminierung einhergehen, dann sind sie alles andere als fruchtbar. Wohl der Organisation, die nicht wartet, bis der Schaden groß ist, sondern vorbeugend eingreift; zum Beispiel, einen Verhaltenskodex aufstellt. So geschehen an der ETH Zürich. In diesem wurde festgeschrieben, was unter „unangemessenem Verhalten“ zu verstehen ist.
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Außerdem richtete man Anlaufstellen für ins Persönliche abgleitende Kontroversen ein. Soll heißen: Wer solches Verhalten beobachtet oder ihm ausgesetzt ist, konnte sich an die interne Beratungs- und Schlichtungsstelle „Respekt“ (Die Respektstelle) wenden. Außerdem wurde eine Meldestelle geschaffen, an die man sich formell und schriftlich wenden konnte.
Klärungstelle hilft bei Vermittlung
Das Problem mit der „Respektstelle“: Bei ihr wurden die Anfragen vertraulich behandelt – eine wichtige Voraussetzung, damit sich Menschen überhaupt trauen, dort aufzuschlagen. Dieser Schutz ist vermutlich in jeder Organisation sinnvoll, die Uni ist zudem ein Ort mit starken Abhängigkeiten, „die weit über die übliche Anstellungsdauer hinaus andauern“ (Das neue Konfliktmanagementsystem der ETH Zürich). Nun konnte die Stelle zwar die Betroffenen persönlich beraten, sie bietet auch Kurzzeitcoaching an, aber die Erwartung war nicht selten, dass nun auch etwas geschehen sollte, und zwar durch Dritte. Nach dem Motto: „Nun wisst Ihr von dem Problem, nun richtet es mal für mich!“ Was aber wegen der Vertraulichkeit nicht möglich war, der Stelle waren die Hände gebunden. Ein nicht auflösbares Dilemma. Außerdem gibt es in dieser Situation ja nur eine Sicht auf die Dinge, nämlich die desjenigen, der sich an die Stelle wendet. Was aber ist mit der „Gegenpartei“?
Die Konsequenz aus dieser Erfahrung: Es wurde eine dritte Stelle eingerichtet – die Klärungsstelle. An sie kann man sich nun wenden, wenn man jemanden sucht, der den Klärungsprozess begleitet. Die Meldestelle wurde zudem in eine externe Anlaufstelle umgewandelt, die nur noch Vorkommnisse von Diskriminierung und sexueller Belästigung entgegennimmt. In Fällen von Mobbing prüft zuerst die Klärungsstelle, ob die Meldestelle eingebunden wird. Dort wird dann versucht, die Fakten soweit zu klären, um dann den Entscheidungsträgern Maßnahmen vorzuschlagen.
Wie arbeitet die Klärungsstelle? Sie bietet Führungskräften die Möglichkeit eines Reflexionsgespräches zum Verständnis der Situation oder ein Konflikt-Coaching, um zu entscheiden, ob sie selbst intervenieren können oder ob sie die Unterstützung durch Mediatoren der Klärungsstelle in Anspruch nehmen. Wenn jemand mit Mitarbeitenden, Vorgesetzten oder Kollegen einen Konflikt erlebt, lädt die Klärungstelle zu einem Round Table ein. Anschließend kommt eins von sechs systematischen Unterstützungsformaten zum Einsatz, welches definierten Verhaltensregeln folgt.
Der Einsatz der Melde- oder Klärungsstelle endet mit einem schriftlichen Abschluss mit den Vereinbarungen und dem weiteren Vorgehen. Über konkrete Erfahrungen mit dem neuen System erfahren wir in dem Beitrag noch nichts, in zwei Jahren soll das Modell neu bewertet und ggfs. weiterentwickelt werden. Klingt, als habe man aus den Erfahrungen sinnvolle Veränderungen abgeleitet.