30. Januar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Bar-Raiser

INSPIRATION: Im Handelsblatt erschien ein Interview mit dem Europa-Personalchef von Amazon (Führung ist keine Frage der Position). Dort wird der Rekrutierungsprozess beschrieben, aber auch die Leadership-Prinzipien erläutert sowie einige grundsätzlichen Haltungen. Manchmal reagiert der Personaler durchaus gereizt. Und zwar dann, wenn er auf die angeblich wenig humanen Arbeitsbedingungen beim Online-Riesen angesprochen wird.

Worüber ich gestolpert bin, sind die Bar Raiser. Das sind allein in Deutschland ca. 50 Mitarbeiter, die besonders geschult wurden, um beim Thema Personalauswahl zu helfen. Ihr Job ist es, den Prozess zu moderieren und zu einem Konsens zu führen. Das Verfahren klingt zunächst „traditionell“: Bewerber füllen (je nach Karrierestufe) erst einen fachspezifischen Online-Test aus. Dann wird mit ihnen ein Telefoninterview durchgeführt, dann werden sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen.

Das wiederum besteht aus mehreren Interviews (kennt man unter dem Stichwort „sequentielles Interview“), geführt durch verschiedene Mitarbeiter, wobei die Mischung je nach Stelle immer anders ist. Dann kommen die Interviewer zusammen unter der Moderation des Bar Raisers, und hier zählen nicht hierarchische Position, sondern Sachargumente. Natürlich bin ich bei so etwas immer skeptisch – kann sich ein Team tatsächlich gegen den (zukünftigen) Vorgesetzten durchsetzen? Andererseits: Warum sollten eine Führungskraft jemanden einstellen, der nicht die Rückendeckung derjenigen hat, die später mit ihm zusammenarbeiten. Da ergibt ein Konsens sicher viel Sinn.

Gefällt mir vor allem deshalb, weil hier eine klassische Aufgabe von Führungskräften delegiert wird, anders ausgedrückt: Führung wird auf mehrere Schultern verteilt. In diesem Fall auf die Schultern der „Bar Raiser“. Meines Erachtens entlastet das zum einen die Führungskraft, die in anderen Unternehmen die volle Verantwortung für eine Einstellung trägt, zum anderen stärkt es den Einfluss der Kollegen, die mit dem „Neuen“ klarkommen müssen.

Die weiteren Ausführungen in dem Interview lassen vermuten, dass die Uhren bei dem Online-Riesen in Sachen Personalmanagement bzw. Personalentwicklung nicht viel anders ticken als in anderen Konzernen. Es gibt aufwändige 360-Grad-Feedback-Runden, die Daten werden gesammelt und jeder Mitarbeiter in eine Datenbank gesteckt. Dabei hat man wohl festgestellt, dass die Methodik zu kompliziert ist, sie also vereinfacht und wird sie auch weiter anpassen. Das Schicksal aller „Feedback-Systeme“.

Auch aufschlussreich und vermutlich anders als bei vielen Internet-Unternehmen: Amazon lockt Mitarbeiter nicht mit kostenlosem Kaffee, Massage am Arbeitsplatz und gemütlichen Sofas. Stattdessen bietet man eine attraktive Bezahlung und gestaltet die Arbeitsplätze so, dass die Mitarbeiter optimale Arbeitsbedingungen haben. Wäre auch mein erster Ansatz: Den Arbeitsplatz so gestalten, dass man seine Aufgabe bestmöglich erfüllen kann.

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