INSPIRATION: Alles eine Frage der Haltung! Haben Sie eine? Oder fragen Sie sich, was um alles in der Welt das sein soll: Haltung? Vermutlich fragen sich das relativ wenige genauer. Die meisten nehmen aber auf der Stelle eine stramme Haltung an: Hab acht!
Es ist wie ein Reflex. Die Phrase duldet keine Fragen, erst recht keinen Widerspruch. Ein Totschlagargument. Und augenblickliches Verstummen folgt. Irgendwie komisch. Nun, ich habe gut reden. Ich war nicht beim Militär. Jedoch die Hälfte der Bevölkerung ebenfalls nicht. Woher kommt dann diese gewaltige Wirkung?
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Der Soziologe Stefan Kühl (Haltung) sieht das Übel in einem tiefen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel begründet. Wir rebellieren heute nicht mehr gegen Strukturen und Systeme wie weiland die 68er-Generation. Wir haben gelernt, dass diese Strukturen und Systeme viel zu groß und zu mächtig für uns sind. Dass es daher besser ist, sich zunächst an die eigene Nase zu packen: Was kannst Du persönlich heute tun, um die Welt ein klein wenig besser zu machen? Da ist nichts dagegen zu sagen. Die Frage ist nur, ob das ausreicht. Ob die Summe der Teile nicht – vielleicht mehr als gehofft – hinter dem Ganzen zurückbleibt. Vielleicht braucht es doch ab und an einen Bahnstreik …
Man hat uns also mit der Zeit narkotisiert. Und wir haben es noch nicht einmal gemerkt. Wenn wir Begriffe wie Haltung oder Mindset hören, fallen wir auf der Stelle in eine tiefe, defensive und introvertierte Trance!
Mehr Licht! (Goethes letzte Worte)
Also noch einmal die Frage: Was soll das sein, Haltung? „Dabei handele es sich um eine aus Einsichten, Denkmustern und Werten bestehende Überzeugung, die das Verhalten eines Menschen anleiten solle.“ Wir alle wissen, wie schwierig es ist, neue Einsichten, Denkmuster und Werte zu entwickeln. Hören wir also den Appell an unsere Haltung, überfordert es uns zunächst brutal. Beschämt uns vielleicht sogar. Oder macht uns zornig: Verdammt! Wie soll ich denn eine neue Haltung entwickeln? Kann mir das einmal jemand verraten? Ich bemühe mich doch schon wie blöd, aber verflixt, sie will einfach nicht auftauchen …
So rennen wir herum wie der arme Hund, dem man die bekannte Dose an den Schwanz gebunden hat. Ein verdammt mieses Spiel! Dabei müssten wir nur anhalten und die Dose entfernen. Und fragen: Wer war das?! Wer will mir da etwas einreden? Und mir meine Einsichten, Denkmuster und Werte schlecht reden? Wer wagt es, mich dermaßen abzuwerten? Was, wenn meine Einsichten, Denkmuster und Werte gar nicht so schlecht sind, sondern im Gegenteil …?
Personalisierung, Individualisierung, Problemverschiebung
Stefan Kühl bringt es auf den Punkt: „Er bietet eine einfache Erklärung für die Schwierigkeiten bei der Einführung neuer Organisationsstrukturen in Unternehmen, Verwaltungen oder Krankenhäusern. Greift die Einführung einer agilen Organisationsform nicht, dann liegt es daran, dass sich das ‚agile Mindset‘ der Mitarbeitenden nicht ausreichend ausgebildet hat.“ Er vergleicht die rhetorische Figur Haltung mit den Klagen im Sozialismus bei Planuntererfüllung: Nicht der Plan oder das Wirtschaftssystem sind schlecht – die Menschen sind noch nicht so weit. Die Schuldfrage wird umgedreht – und personalisiert.
Ähnliches geschieht übrigens oft im und mit dem Coaching: Es wird stillschweigend unterstellt, Probleme hingen primär an Einzelnen. Dort müssten sie auch gelöst werden. Coaching als Personenreparaturwerkstatt. Die Probleme werden nicht dort gelöst, wo sie entstanden sind: in der Organisation. Coaching wird instrumentalisiert. Ich habe dies – und auch das Thema Haltung – übrigens ausführlich in meinem Buch (Systemisches Coaching) erläutert. „Über eine Personalisierung werden so Sündenböcke identifiziert,“ erklärt der Soziologe. Der Psychologe würde hier von einem Attributionsfehler sprechen: Jacke wie Hose: Augen auf beim Phrasenkauf!