INSPIRATION: Wie war das eigentlich damals mit dem Einkaufen, als es das Internet noch nicht gab? Wir sind in ein Geschäft spaziert, haben uns umgeschaut, die Dinge aus dem Regal gezogen, die wir suchten. Oder die uns ins Auge sprangen. Oder von denen wir in der Werbung im Fernsehen oder in Zeitschriften oder Plakatwänden erfahren haben. Und wenn es das Geschäft vor Ort nicht gab, haben wir uns ins Auto oder die Bahn gesetzt und sind in die nächste Stadt gefahren.
Ich erinnere mich noch gut, wie wir ins Reisebüro gegangen sind, um ein Hotel zu buchen. Oder einen Flug. Oder eine Ferienwohnung. Oder wir haben den Fremdenverkehrsverein vor Ort angerufen und nach freien Zimmern gefragt. Die Nummer haben wir von der Auskunft erfahren.
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Warum ich hier ein wenig nostalgisch zurückblicke? Weil es irgendwie mühsam war, aber wenn man dann endlich seine Hose oder die Bücher oder das Flugticket nach Hause trug, war man schon ein wenig stolz – man hatte etwas geschafft.
Agentic AI
Überspringen wir mal die Phase des Internet-Einkaufs und schauen uns an, was auf uns zukommt. Eine Zeitlang habe ich nach Anwendungsbeispielen für KI gesucht, nun werde ich damit überhäuft. Und mehr und mehr auch ein wenig überwältigt. Der nächste Schritt: Wir erteilen KI-Agenten konkrete Aufträge, die sie anschließend selbstständig durchführen. Beispiele gefällig?
„Reserviere mir einen Platz für morgen Abend um 19.00 Uhr in meinem Lieblingsrestaurant!“ Oder: „Buche mir ein Flugticket nach Madrid von Freitag bis Sonntag!“ Oder: „Berufe ein Meeting mit allen Teammitglieder am Donnerstagnachmittag ein unter Berücksichtigung der wichtigsten Termine im Kalender der Kollegen.“
Die KI liefert also nicht mehr nur Antworten auf konkrete Fragen, sondern führt Aufgaben aus (Shopping ohne Emotionen). Wobei das für Software-Entwickler vermutlich keine neue Botschaft ist, sie lassen längst die KI für sich konkrete Programme schreiben. Allerdings, und das ist das, was viele noch übersehen: Letztlich müssen wir immer überprüfen, ob das Ergebnis auch korrekt ist. Schon blöd, wenn ein Programm nicht funktioniert. Oder der Tisch im Restaurant direkt vor der Toilette ist. Das große Komfortversprechen ist „eine Schimäre, da die Überwachung dieser Assistenzsysteme eher Mehrarbeit produziert.“ Aber wer weiß, vielleicht lernt die KI ja tatsächlich, und sie wird von Auftrag zu Auftrag zuverlässiger.
Impulskäufe ade
Das Neue daran ist: KI soll nun so nach und nach uns „Normalos“ Alltagsaufgaben abnehmen. Lästige Dinge, wie zum Beispiel das Einkaufen. Wir geben ihr einfach den Auftrag, unseren Wocheneinkauf zu erledigen, und sie bestellt alles, was wir so benötigen im Netz. Und zwar nach unseren Vorgaben: Bio, vegan, günstig, nachhaltig. Wer sollte dagegen etwas einwenden?
Vorbei die Zeiten, in denen wir auf Rabatte hereinfallen, die sich als Falle herausstellen, keine Gefahr mehr, plötzlich ein Abo gebucht zu haben, kein 99er Effekt (von wegen 4,99 Euro). Kein Reinfallen mehr auf emotionale Werbebotschaften – gegen all das ist die KI immun, sie lässt sich nicht so leicht austricksen wie wir fehlerbehafteten Wesen. Schlechte Zeiten für Plattformen, denen wir bisher aus Bequemlichkeit treu geblieben sind, unser Agent kauft nur noch dort, wo das Preis-Leistungsverhältnis am besten ist.
Mit anderen Worten: Wir sind auf dem Weg in „eine Postkonsumgesellschaft, in der sich der Vektor von der Bedarfsweckung zur Bedarfsorientierung umkehrt.“ Niemand lässt sich mehr durch glänzende Versprechen blenden, der Einkauf funktioniert rein rational – nach unseren Vorgaben. Damit sind wir endlich unabhängig von den Manipulationen der Werbewirtschaft. Klingt doch prima, oder?
Betreutes Shoppen
Mal abgesehen davon, dass vermutlich clevere Algorithmen sich auf das neue KI-gestützte Einkaufen einstellen werden – Adrian Lobe erklärt in der Wirtschaftswoche (Shopping ohne Emotionen), dass diese Art des Einkaufens „mit erheblichen Autonomieverlusten einherginge“. Ungefähr so wie Kinder, die mit leuchtenden Augen vor bestimmten Produkten stehen und von den Eltern erklärt bekommen, was gut und was nicht gut für sie ist. Weil nun mal die Eltern viel besser wissen, was zu uns passt und uns davor schützen, auf Werbeversprechen und bunte Bilder hereinzufallen.
So wie Eltern wird also in Zukunft unser persönlicher Assistent entscheiden, was uns steht und was nicht, was uns schmeckt und was nicht, welche Musik wir mögen und welche nicht, welche Kunst wir schätzen und welche nicht. Es gibt keine Fehlkäufe mehr, die uns helfen zu lernen und einen persönlichen Geschmack zu entwickeln. Weniger verlockend …