5. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Unter Tool-Klempnern

KRITIK: Sie wollen Coaching demokratisieren, sagen Coaching-App-Anbieter wie Sklls. Doch eigentlich geht es um Kostenreduktion, erfährt man in diesem Beitrag (Wie Coaching-Apps reflektieren helfen). Denn ein qualifizierter Business-Coach kostet leicht an die 200 Euro in der Stunde. Wer kann und will sich das schon leisten? Die Berliner Forschergruppe um Carsten Schermuly prognostiziert mit ihrer aktuellen Delphi-Studie eine Spaltung des Markts: Ein kleiner, feiner Premiummarkt auf der einen, auf der anderen ein Massenmarkt (Die Zukunft des Coachings).

Hier sehen wir nun ein Beispiel für genau diese Tendenz – etwas für den schmalen Geldbeutel. Die App-Anbieter versprechen eine Kommunikation mit einem Chat-Bot, der mittels Spracherkennung und hinterlegter Wissensdatenbank agiert und die Methoden nutzt, die ein menschlicher Coach angeblich auch nutzen würde. Ist der Präsenz-Coach nicht skalierbar? Das App-Angebot schon. Es soll die Zeit zwischen den Präsenz-Coachings überbrücken: Mit 24/7-Micro-Learnings. So soll man sich sogar Kompetenz aufbauen können. Hört, hört …

Im Beitrag findet sich auch eine ganzseitige Tabelle, die etliche App-Angebote auflistet: ein ziemliches Durcheinander von Äpfeln und Birnen. Und man könnte auch einiges vermissen – wie das ZRM®-Online-Tool, kein Designwunder, dafür aber wissenschaftlich evaluiert. Der Beitrag verweist zudem auf EMMA, eine App, die angeblich an der TUM School of Management in München für die Unterstützung des Trainingstransfers entwickelt worden sei. Leider findet sich kein Hinweis darauf in besagter Tabelle, ebenso wenig auf der Website der TUM. EmmA (Emotionaler mobiler Avatar) als Coaching-Assistent hingegen ist ein Angebot, das ebenfalls im Beitrag nicht erwähnt wurde. Dabei geht es jedoch um die Unterstützung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz und im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements.

Fazit: Mal wieder werden leichthändig Äpfel und Birnen in einen großen Bottich geschüttet. Damit die Aufmerksamkeit erregt wird, nennt man alles undifferenziert Coaching. Bei genauerer Betrachtung legt sich die Aufregung wieder. Zumeist geht es nicht um Coaching im engeren Sinne, sondern um E-Learning. Womit nicht behauptet werden soll, dass es nicht neue spannende Technologien gibt, die ins Coaching einziehen können. Aber davon ist im Beitrag noch wenig zu lesen. Da hätte man sich gewünscht, die Autorin wäre da doch mal tiefer in die Recherche eingestiegen.

Statt Coaching E-Learning

Und noch eine Bemerkung: Als vor einigen Jahren Christine Kaul mehrere Selbstcoaching-Bücher rezensiert hatte (Selbst-Coaching. Eine Alternative?), bilanzierte sie als Vermutung, die Leserschaft würde vermutlich schnell müde, würde den Abbruch dann aber intern attribuieren („Ich war nicht diszipliniert genug“), statt extern („Die Bücher taugen nichts oder Selbstcoaching kann vielleicht gar nicht funktionieren“). Vielleicht ist das mit den Apps ähnlich. Was dann die eine oder den anderen dazu bringen könnte, doch ein „richtiges“ Coaching zu buchen. Die App als Appetizer …

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