KRITIK: Einst hatte man sich so viel versprochen von „offener Innovation“. Statt alles im eigenen Haus zu entwickeln über das Internet externe Experten, Kunden und Hobby-Tüftler in die Lösung von Problemen einzubinden und so zu genialen Ideen zu gelangen. Etwas naiv – trotzdem \ngibt es Bereiche, in denen das funktioniert.
Die Idee hat ja was: Irgendwo da draußen gibt es jemanden, der die zündende Idee hat – sei es, um bestehendes Problem besser zu lösen, ein Produkt oder einen Prozess zu optimieren (inkrementelle Verbesserungen) oder sei es, einen radikal neuen Ansatz zu finden.
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Also schreibt man einen Wettbewerb aus, verspricht dem Sieger eine entsprechend hohe Prämie und sammelt die tollen Ideen ein. Klappt aber so nicht. Es gibt ein paar Misserfolgsfaktoren, wie die Autoren im Harvard Business Manager erläutern (Wenig Weisheit bei vielen). Wenn man den Spaßcharakter betont, kommen wenig seriöse Vorschläge heraus. Auch die breite Masse anzusprechen (z.B. über die klassischen sozialen Medien wie Facebook) lohnt sich nicht. Es gibt zwar viele Hobby-Designer und Erfinder, aber je persönlicher die Motive der Ideengeber sind, desto unbrauchbarer deren Vorschläge. Nicht die Masse ist entscheidend, sondern lieber wenige, dafür gute Ideen generieren.
Und die bekommt man vor allem dann, wenn man die Fragestellung präzisiert und möglichst genau beschreibt, wonach man sucht. Dann erreicht man auch die Profis, die sich herausgefordert fühlen, sich mit dem Problem auseinander zu setzen. Denn das ist wohl ein entscheidendes Erfolgskriterium: Je mehr Wissen und Erfahrung die Teilnehmer haben, umso brauchbarer, sprich kommerziell nutzbarer, sind die eingereichten Vorschläge.
Prämie oder Aufgabe?
Und dann müssen diese auch noch motiviert werden. Das geht am besten mit Prämien oder beruflichen Kontakten zum Unternehmen. Was ein wenig im Widerspruch zu dem steht, was Frank Piller im Brand eins-Interview erklärt („Not invented here„). Nach seiner Erfahrung machen die Experten nicht unbedingt wegen einer hohen Prämie mit, sondern dann, wenn sie das Problem spannend finden und es sie reizt, ihr Wissen zu testen.
Auch er bekennt, dass man etwas blauäugig davon ausgegangen sei, jedes technische Problem ließe sich mit Open Innovation lösen. Inzwischen weiß man, dass ein Problem ziemlich \“kleinteilig und klar beschreibbar sein\“ muss. Was zum Beispiel in der Materialwirtschaft gut funktioniert. Das ausschreibende Unternehmen erklärt genau, wie teuer etwas sein darf, welche Festigkeit es haben und welche Norm es erfüllen muss. Und dann darf man nicht nur Brancheninsider ansprechen, sondern bewusst auch Experten aus benachbarten Gebieten. Oft lassen sich dann deren Lösungen eins zu eins übertragen.
Keine neue Erkenntnis ist diese hier: Die Ideengeber sind arg frustriert, wenn sie nicht erfahren, warum ihr Vorschlag abgelehnt wurde. Hätte man aus den Erfahrungen mit dem Betrieblichen Vorschlagswesen ja durchaus ableiten können. Auch eine interessante Erfahrung: Wenn Unternehmen ihren Namen nennen, hat das schon sehr motivierende Wirkung, aber offenbar reicht da oft der Mut der Unternehmen nicht. Angeblich, weil man Angst hat, dass die Konkurrenz daraus Nutzen zieht. Was aber bisher nicht nachzuweisen ist.
Ich vermute eher, dass es kulturelle Gründe hat. So erklärt auch Frank Piller, dass gerade große Unternehmen sich sehr schwer mit dem Ansatz tun. Die Begründung: Dort hat man große Entwicklungsabteilungen – wie stehen diese denn da, wenn die Lösung für ein Problem, an dem man jahrelang bastelt, von einem externen Experten auf den Tisch flattert? Also beteiligt man sich mit Alibi-Problemen, die entweder nicht lösbar sind oder nicht sonderlich relevant. Dass man dann nur ungern den Namen des Unternehmens preisgibt, ist nachvollziehbar.
Piller ist aber zuversichtlich, dass sich im Zuge der Digitalisierung diese Haltung ändern wird und die Zukunft von Open Innovation noch bevor steht. Man wird wohl weniger blauäugig an die Sache herangehen…