PRAXIS: Wieder jemand, der uns erklären möchte, wie man zu einem Charismatiker wird. Dabei soll die Stimme für die Überzeugungskraft eine entscheidende Rolle spielen. Wir lernen, was Steve Jobs zum Top-Redner machte. Und tatsächlich: Das eine oder andere könnte man sich abschauen (Führen mit starker Stimme). Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Süddänemark hat „16 Bausteine für Stimme und Sprechweise“ gefunden und einen Algorithmus damit gefüttert. Er analysierte dazu 10.000 Feedbacks von Zuhörern, denen Stimmproben vorgespielt wurden – mal langsamer, mal schneller, mal mit höherer, mal mit tieferer Stimme usw.
Spielt man ihm nun eine Kostprobe vor, wertet er aus, wo diese auf einer Skala von 0 bis 100 in Sachen akustischem Charisma liegt – und Steve Jobs lag ganz am oberen Ende der Skala. Telekom-Chef Tim Höttges liegt bei 93,6%. Entscheidend für die Wirkung ist die Variation der Sprechweise. Hier einige „Fakten“:
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Finaler Fall
- Ein dynamisches Auf und Ab ist wichtig. Will man Details hervorheben, geht es hinauf, will man seine Botschaft nachhaltig platzieren, geht es hinunter zum „finalen Fall“.
- Mal laut, mal leise. Abwechslung ist auch bei der Lautstärke wichtig, das erhöht die Aufmerksamkeit.
- Abwechslung auch im Sprechtempo, hier gibt es aber eine Faustregel: 4 bis 5,5 Silben pro Sekunde sind optimal, weniger klingen pastoral, wer mehr unterbringt, hat keine Zeit, Wichtiges zu betonen. Jobs schaffte mehr als fünf Betonungen pro Minute.
- Füllwörter und „Ähs“ stören, müssen aber gar nicht ganz vermieden werden, dann klingt die Rede unnatürlich. Fünf bis sechs pro Minute sind in Ordnung, wenn sie nicht zu lang und zu laut sind. Sie können die gleiche Wirkung wie Pausen haben, und Pausen signalisieren: „Jetzt kommt etwas Wichtiges!“ Also ganz wichtig: Pausen bewusst einsetzen und aushalten.
- Und natürlich längst bekannt: Kurze Sätze, eine einfache Sprache durchsetzt mit Ich-Botschaften und Beispielen.
Überzeugungskraft im Experiment
Wer noch skeptisch ist, ob all das so viel ausmacht, der wird vermutlich durch das folgende Experiment überzeugt: Die Forscher fütterten Autonavigationsgeräte mit Stimmprofilen, die dem von Steve Jobs und Mark Zuckerberg nachempfunden waren. Dann ließen sie Probanden durch die Stadt fahren, wobei die Strecke eigentlich einfach war, aber das Navigationsgerät die Fahrer systematisch in die falsche Richtung führte. Und siehe da: Die Probanden folgten der charismatischen Stimme deutlich länger und bewerteten das Navi mit dem Jobs-Stimmprofil deutlich besser, trotz der Irrfahrt. Fazit der Forscher: Jobs hätte auch Heizdecken oder Äpfel auf dem Markt verkaufen können, seine Überzeugungskraft hing nicht am Produkt.
Und nun noch die gute Botschaft: Charismatisch zu sprechen kann man üben. Nehmen Sie sich selbst auf und schauen sie mal, wie viele Silben pro Sekunde Sie produzieren, wie es mit der Dynamik in Stimmhöhe und -lautstärke aussieht und ob Sie den finalen Fall beherrschen. Ein letzter Tipp: Sie sollten im Stehen sprechen – dann „ist die Atmung freier, die Gestik leichter“.