14. März 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Die Führungskraft als Vermittler

INSPIRATION: Sollten Führungskräfte in der Lage sein, bei Konflikten zu vermitteln? Sollten sie. Mehr noch: Besteht Führung nicht im Grunde zu einem großen Teil aus der Vermittlung bei unterschiedlicher Interessenlage? Wird die Fähigkeit zu vermitteln eigentlich massiv unterschätzt? Ich glaube schon.

Wenn wir mal davon ausgehen, dass Führung sich zu einem Großteil nicht im stillen Kämmerlein abspielt, wo die Führungskraft an Strategien bastelt oder einsame Entscheidungen trifft, so geht es doch vor allem darum, mit Meinungsdifferenzen umzugehen. Anders ausgedrückt: Wenn sich alle einig sind, braucht man doch niemanden, der führt. Dann macht jemand einen Vorschlag, alle stimmen zu und man setzt gemeinsam um.


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Aber in der Realität sind sich Menschen in der Regel eben nicht einig über ein Vorgehen, selbst wenn das Ziel das gleiche ist oder zumindest ähnlich. Wenn unterschiedliche Vorstellungen aufeinander prallen, dann gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Ihre Mitarbeiter sind in der Lage, die Meinungsverschiedenheiten selbst beizulegen. Was in der Mehrzahl der Fälle ja kein Problem darstellt, das tun wir ja außerhalb unseres Jobs auch. Tagtäglich befinden wir uns in Diskussionen mit anderen und müssen uns verständigen. Darin sind wir geübt und mehr oder weniger auch erfolgreich.
  • Die Meinungsverschiedenheit wird „vor Ort“ mit Hilfe anderer (zum Beispiel auch der Führungskraft) gelöst, etwa in einer Besprechung, wo man gemeinsam nach Ideen sucht und sich schließlich auf eine Lösung verständigt, mit der alle einverstanden sind. Hier schadet es nicht, wenn die Führungskraft oder auch andere im Team „Mediationskompetenz“ oder zumindest „Moderationskompetenz“ besitzen.
  • Ihre Mitarbeiter finden nicht zu einer Lösung, weil die Differenzen zu groß sind. Oder weil die Auseinandersetzung andere Ursachen hat und auf der Sachebene ein Konflikt ausgetragen wird, der in Wahrheit ein Beziehungskonflikt ist. Auch dann müssen Sie als Chef nicht unbedingt eingreifen, vielleicht findet sich ja jemand im Team, der vermittelt. Oder es gibt außerhalb des Teams einen „Vermittlungsexperten“, der in einem solchen Fall eingeschaltet wird. Manche Unternehmen sind da schon recht weit in Sachen Konfliktmanagement und bieten hierfür Anlaufstellen.
  • Es findet sich keine Lösung, es gibt auch niemanden, der vermitteln könnte, und die Auseinandersetzung landet bei Ihnen. Nun können Sie immer noch einen externen Vermittler einschalten- aber falls dieser nicht im Unternehmen greifbar ist, keine Mittel hierfür zur Verfügung stehen oder Sie sich zutrauen, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen, dann ist es soweit: Sie sind als Mediator gefragt.

Nun kann man wie auch bei dem Thema „Coaching durch die Führungskraft“ darüber streiten, ob Sie sich den Schuh anziehen sollten. Ich bin eher skeptisch, was die Erfolgsaussichten angeht. Aus dem gleichen Grund wie beim Coaching: Als klassischer Mediator können und müssen Sie die Verantwortung ganz allein bei den Konfliktparteien belassen. Wenn es nicht gelingt zu einer Einigung zu kommen, dann ist das eben die Entscheidung der Parteien, und sie müssen zu einem Richter gehen.

Gelingt Ihnen als Führungskraft die Vermittlung nicht, dann müssen Sie selbst am Ende eine Entscheidung fällen. Das ist an sich nicht weiter schlimm, dafür sind Sie unter anderem ja auch da. Aber da die streitenden Parteien wissen, dass Sie nicht bis zum bitteren Ende „allparteilich“ sein können, sondern ein starkes eigenes Interesse an einer Lösung haben (und vermutlich oft genug auch eine Meinung dazu, welches die beste Lösung ist), laufen Sie Gefahr, hier hineingezogen zu und instrumentalisiert zu werden.

Anders nämlich als bei einem Richter, der ein Urteil fällt und der von den Folgen seines Urteils nicht selbst betroffen ist, müssen Sie mit den Folgen der „Lösung“ leben. Und auch weiterhin mit den Konfliktparteien auskommen – es sei denn, Sie trennen sich von einer von beiden.

Tipps für den Ernstfall

Sie würden das Risiko eingehen? Nun denn. Sie sollten allerdings dann ein gutes oder besser sehr gutes Gefühl haben, dass eine Einigung wahrscheinlich ist (anonsten lieber doch einen Profi ranlassen oder gleich eine Entscheidung dank Ihrer Position als Führungskraft fällen). Hier kommen die Tipps aus dem Harvard Business Manager (Der Chef als Mediator):

  • Einzelgepräch oder Gruppengespräch? Kommt drauf an. Wenn die Emotionen hoch gehen, lieber erst mal mit beiden Parteien getrennt sprechen und dabei sehr klar machen, dass es hier nur darum geht, die Position zu verstehen, aber nicht, schon über Lösungen zu sprechen. Sie sollten der Kunst des Aktiven Zuhörens mächtig sein.
    Halten Sie ein Gruppengespräch für sinnvoll, dann auf jeden Fall Spielregeln für das Gespräch aufstellen, von wegen ausreden lassen u.ä. Sollte das Gespräch eskalieren, können Sie auch abbrechen und dann doch Einzelgespräche führen.
  • Haben Sie so etwas wie gegenseitiges Verständnis herbeigeführt, begeben Sie sich auf die Lösungssuche. Hier können Sie jede Partei „bitten, einen Vorschlag zu machen, der die Interessen und Prioritäten des anderen berücksichtigt.“
  • Gelingt Ihnen eine Vereinbarung, werden Sie vermutlich erleben, dass es auf allen Seiten Zweifel daran gibt, ob diese von Dauer sein wird. Hier bieten sich Zusatzvereinbarungen an:
    Zeitliche Begrenzung: Legen Sie gemeinsam fest, für wie lange die Vereinbarung erst einmal gilt und halten Sie fest, wann sie über die Erfahrungen sprechen wollen.
    Vereinbarung unter bestimmten Umständen: Es kann sein, dass die Vereinbarung nur für einen bestimmten Fall getroffen wird. Tritt ein anderer Fall ein, sollte hierfür eine Alternative gelten bzw. ein neues Gespräch stattfinden.
    Anti-Präzedenz-Vereinbarung: Legen Sie gemeinsam fest, dass die Vereinbarung nur für diesen Konflikt gilt und nicht zur allgemeinen Regel wird. Damit wird der vorläufige bzw. Ausnahme-Charakter betont und die Konfliktparteien können sicher sein, dass sie nicht zu etwas ja sagen, dass sich später als nachteilig für sie herausstellt.

 

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