2. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Experimente mit ungewissem Ausgang

INSPIRATION: Das ist nicht das erste Mal, dass wir über diesen Ansatz berichten. Es geht darum, dass es vermutlich wenig sinnvoll ist, eine Kultur zu verändern, indem man ein Projekt zur Kulturveränderung „aufsetzt“. Mit all dem, was man so kennt – mit Ist-Analyse, Vision, Workshops, Kommunikationskonzept und Change-Management. Warum? „Weil Kultur immer nur das Ergebnis von etwas“ ist (Struktur vor Kultur).

Dieses Etwas ist die Struktur einer Organisation, während Kultur so wirklich gar nicht greifbar ist. Die Struktur lässt sich klar beschreiben, Kultur jedoch kaum, egal wie viele Fragebögen und Analyseinstrumente auch angeboten werden. Statt also nun schöne Visionen zu entwickeln und umfangreiche Kulturveränderungsprojekte zu starten, die entweder im Sande verlaufen oder eingestellt oder vom Lauf der Dinge eingeholt werden und bald Schnee von gestern sind, sollte man lieber die Struktur verändern.


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Strukturen ändern, dann folgt die Kultur

Dazu braucht es nur eine Entscheidung, die anschließend umgesetzt wird. Man kann also eine Abteilung abschaffen, eine Hierarchieebene eliminieren, Besprechungen ersatzlich streichen … und schon ändert sich auch die Kultur.

So einfach? Natürlich nicht. Dann müssten ja alle Umorganisationen, von denen viele Unternehmen in regelmäßigen Abständen heimgesucht werden, jedes Mal eine Kulturveränderung nach sich ziehen. Aber genau das passiert oft nicht, weil in der Regel die Grundlogik der Organisation nicht angefasst wird. Wer eine Hierarchieebene streicht und dann die Leiter der bisherigen Abteilungen zu Teamleitern macht, der betreibt lediglich „Strukturkosmetik“. Und wer die Effizienz von Besprechungen erhöhen möchte, indem er „Stehungen“ einführt oder die maximale Dauer auf 60 Minuten begrenzt, ändert ebenso wenig an der eigentlich Logik.

Mit anderen Worten: So ganz auf eine Vision verzichten geht wohl doch nicht. Sie benötigen schon eine Vorstellung davon, wie sich Menschen verhalten sollen, wie sie zusammenarbeiten bzw. welche Verhaltensweisen in Zukunft nicht mehr auftreten sollen. Statt nun aber in langen Workshops eine Vision zu erarbeiten und diese zu „implementieren“, stellen Sie eine Hypothese auf über den Zusammenhang zwischen bestehenden Strukturelementen (wie z.B. Abteilungsgrenzen, Genehmigungsverfahren, Jour fixes, Budgetverfahren usw.) und Merkmalen der Unternehmenskultur.

In der Praxis

Das könnte so aussehen: „Ohne ein Vier-Augen-Prinzip würde sich nicht mehr jeder auf den anderen verlassen, sondern selbst mehr Verantwortung übernehmen.“ Oder: „Ohne E-Mail-Kommunikation unter Teamkollegen werden diese sich wieder mehr von ihrem Platz wegbewegen und die direkte Kommunikation anstreben.“ Oder: „Könnte jeder an den Vorstandssitzungen teilnehmen, würden Informationen nicht mehr nur bruchstückhaft weitergegeben und Wissen weniger als Machtmittel genutzt.“ usw.

Und dann hinterfragen Sie das betreffende Struktur-Element als solches und „löschen“ es. Sie sorgen technisch dafür, dass das Teammitglieder sich keine Mails mehr senden können. Sie schaffen das Vier-Augen-Prinzip ab. Oder Sie öffnen Vorstandssitzungen für alle bzw. lassen alle Mitarbeiter per Video daran teilnehmen.

Anschließend beobachten Sie genau, wie die Menschen reagieren, wie sich die Kultur verändert. Riskieren Sie auch, dass es Führungskräfte und Mitarbeiter gibt, die damit nicht auf Anhieb klarkommen. Betrachten Sie diese Veränderungen als echte Experimente, die Sie auch wieder einstellen können, wenn Sie nicht den gewünschten Effekt erzielen bzw. unerwünschte Nebenwirkungen zeigen, die Sie nicht akzeptieren können.

Beispiele

Drei anschauliche Beispiele bieten die Autoren Kaduk & Osmetz in der managerSeminare. Eine brasilianische Stadt entschied in den 70er Jahren, eine Fußgängerzone zu bauen und setzte das Vorhaben in 72 Stunden um. Die Hypothese lautete: In einer Innenstadt ohne Autos tauschen sich Menschen wieder mehr aus. Das Experiment gelang, nach zwei Blocks wurde das Konzept später ausgeweitet.

Ein Konzern verlängerte das Programm für Neueinsteiger auf ein Jahr mit der Hypothese, dass jemand, der sich im ganzen Unternehmen umgesehen und viele Menschen kennengelernt hat, anschließend effektiver arbeiten wird.

Und das mit der E-Mail-Kommunikation ist tatsächlich passiert: Ein Unternehmen sorgte für eine „E-Mail-Bannmeile“, so dass Mitarbeiter, die auf einem Stockwerk arbeiten sich keine Mails mehr schicken konnten.

Drei Beispiele, bei denen ein Experiment radikal dafür sorgt, dass sich die Betroffenen an die neue Situation anpassen müssen und nicht mehr so weiter machen können wie bisher. Alle drei Strukturänderungen lassen sich auch „zurückdrehen“, falls der Effekt nicht so wie erhofft ist.

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