PRAXIS: Kennen wir doch alle, oder? Eine ganz Reihe unterschiedlich schwieriger Aufgaben liegen vor uns, bei der Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung lassen wir uns gerne dazu verführen, die weniger komplizierten zuerst anzugehen. Das ist nicht wirklich sinnvoll, wie eine interessante Studie zeigt.
Gefunden hat sie Daniel Rettig in seiner Kolumne „Alltagsforschung“ (Der Fluch des schnellen Erfolgs). Forscher haben sich die Arbeitsweise von Ärzten in der Notaufnahme eines Krankenhauses angeschaut. Diese hatten nach der Aufnahme der Patienten deren Daten vorliegen und entschieden, wen sie zuerst behandelten – diejenigen mit den leichten Beschwerden oder jene mit ernsten Anliegen.
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Ein Ergebnis: Wenn die Aufnahme sehr voll war, tendierten die Ärzte dazu, die leichteren Fälle zuerst „wegzuarbeiten“ – was ja sinnvoll erscheint, dann wird das Wartezimmer schneller leer. Die Arbeitsweise scheint die produktivere zu sein.
Als die Forscher jedoch die langfristigen Effekte untersuchten, stellen sie fest, dass diejenigen Ärzte, die sich zuerst um die schweren Fälle kümmerten, in Wirklichkeit produktiver waren.
Das entspricht ziemlich dem, was die Vertreter der „Selbstoptimierung“ uns seit Langem erklären, oder? Erst die „dicken Steine“ wegschaffen, wenn man das hinter sich hat, sich um die kleineren kümmern. Sonst kommt man am Ende vielleicht gar nicht zu den wirklich wesentlichen Dingen. Und in der Tat: Wenn ich morgens erst mal die unangenehmen oder aufwändigeren Aufgaben abarbeite, dann geht es mir meist deutlich besser als wenn ich viele kleine Dinge erledigt, aber die dicken Brocken noch vor mir habe.
Der „Task Completion Bias“ lässt sich so erklären: Wir mögen es, wenn wir Aufgaben erledigt haben, das fühlt sich gut an. So wie man Punkt für Punkt von der To-Do-Liste streicht, weg sind sie. Auf Dauer aber macht es uns dann doch nicht glücklich, wenn zwar viele kleine Aufgaben abgearbeitet sind, die großen aber liegen geblieben sind. Und wirklich produktiv auf lange Sicht ist eben derjenige, der Bedeutsames erledigt hat. Hinzu kommt ein weitere Nutzen, den die Forscher beschreiben: Wir lernen mehr, wenn wir uns an die komplexeren Themen begeben, die einfachen Sachen bringen uns nicht wirklich weiter.
Ein Tipp, der sich aus all dem ergibt: Wenn wir denn so gerne Dinge abhaken, dann sollten wir die schwierigen Aufgaben in kleinere Teilschritte gliedern und dann einen nach dem anderen wegschaffen. Dann wird die Aufgabenliste zwar länger, aber zumindest der Effekt des „Wegstreichens“ bleibt. Ausprobieren!
