INSPIRATION: Kaizen heißt so viel wie „Veränderung zum Besseren“ – und wer will sich nicht zum Besseren verändern? Hier ist allerdings nicht die Rede vom aktuellen Trend der Selbstoptimierung. Sondern vom japanischen Weg, die Abläufe in der Produktion kontinuierlich effizienter zu machen. 30 Jahre später hat angeblich die Verwaltung davon Wind bekommen. Das mutet ein wenig seltsam an: Erst jetzt fällt jemandem auf, dass die Abläufe in den Verwaltungen optimiert werden können? Gemeint sind in dem Beitrag der Wirtschaftswoche (Schöner stapeln) tatsächlich Behörden, die darüber klagen, dass ihnen das Personal fehlt.
Angeblich fehlen 360.000 Stellen im öffentlichen Dienst, die berechtigte Frage lautet: Wäre es nicht besser, „statt Menschen an schlechte Systeme anzupassen, die Systeme effizienter zu gestalten?“ Also wird das Toyota-Prinzip der Wertschöpfung wieder herausgekramt. Eine Beratungsfirma bietet ein Musterbüro an, „in dem sich Behördenleiter von 180 Kaizen-Beispielen inspirieren lassen können.“ Da sind wir natürlich gespannt, was das sein könnte. Und erfahren Folgendes: Stifte werden nach dem Gebrauch immer an der gleichen Stelle am Whiteboard abgelegt. E-Mails werden nach klar strukturierten Punkten aufgebaut. Naja, denkt man sich, damit wird man vielleicht nicht unbedingt Personal einsparen. Aber es sind ja oft die kleinen Dinge, die einem das Arbeiten erschweren.
Wie zum Beispiel das Beschriften von Schranktüren und Schubladen in der Teeküche, damit man beim Ausräumen der Spülmaschine nicht lange nach dem richtigen Platz suchen muss. Oder
der markierte Platz für den Wasserkocher, der darauf hinweist, dass dort eben nichts anderes abgestellt werden darf. Oder der Raum für Schreibmaterial: Dort sind Blöcke, Bleistifte und Radiergummis sorgfältig gestapelt, sind nur noch fünf Exemplare übrig, liegt dort ein Kärtchen, das vom letzten Entnehmer in eine Box geworfen wird. So muss niemand mehr regelmäßig nachprüfen und zählen, um zu bestellen.Kaizen
Ein Grünflächenamt konnte 217 Prozesse mit Kaizen verbessern. Einer davon: Die Gärtner, die regelmäßig 13 Brunnen in Münster warten, mussten jedes Mal alle Geräte zusammensuchen. Nun bleiben sie alle auf dem Anhänger, ohne große Suche kann es losgehen. Auch schön: In Heidelberg dauerte es ewig, bis Falschparker abgeschleppt wurden, weil die Mitarbeiter verschiedene Abschleppdienste anrufen mussten und neun Stellen an dem Prozess beteiligt waren. Jetzt hat ein einziger Abschleppdienst einen Rahmenvertrag, stellt den Parkplatz und kassiert die Gebühren – nun wird dreimal so oft wie früher abgeschleppt. Das freut die Mitarbeiter, den Bürger vermutlich weniger.
Ich bin ein wenig verwundert, dass in Behörden noch mit Blöcken, Bleistiften und Radiergummis gearbeitet wird. Da scheint mir die Idee, das Ablagesystem auf den Rechnern zu optimieren, so dass es nur noch jeweils sieben Unterordner gibt, schon ein wenig mehr in die Zeit zu passen. Aber vielleicht ist das ja noch zu früh…