21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Mustererkennungskompetenz

REZENSION: Klaus Eidenschink – Die Kunst des Konflikts. Konflikte schüren und beruhigen lernen. Carl-Auer Verlag 2023

Kann man zum Thema „Konflikte“ noch neue Erkenntnisse erwarten? Kann man, und zwar in diesem Buch. Da muss man schon beim Untertitel hellhörig werden: Konflikte schüren lernen? Darin sind wir doch alle gut, aber ist das nicht genau das, was wir „verlernen“ möchten?


Anzeige:

Bleiben Sie souverän und gelassen bei Konflikten in Teams und Organisationen!
In unserer Ausbildung Wirtschaftsmediation lernen Sie, wie Sie Konflikte konstruktiv klären. Fordern Sie jetzt unverbindlich das Infomaterial zur Weiterbildung an.
Ja, schickt mir mehr Infos!


Nicht unbedingt, sagt Klaus Eidenschink, und nach sehr angenehm zu lesenden knapp 200 Seiten weiß man auch ziemlich genau, warum. Der Autor bedient sich eines interessanten Kniffs: Er stellt den Konflikt wie etwas dar, das ein Eigenleben hat – mit einem Ziel, einer Funktion und einer Aufgabe. Diese besteht vor allem darin, eine nicht mehr taugliche Ordnung zu zerstören und eine neue Stabilität aufzubauen. Sie beginnen immer mit einem „NEIN“ zu etwas Bestehendem. Wenn auf das „NEIN“ ein wieder ein „NEIN“ folgt, startet der Konflikt. Das ist lästig, anstrengend, belastend – sicher. Aber wer dieses Grundprinzip verstanden hat, der hat schon mal eine gute Basis für die Regulierung von Konflikten gelegt.

Regulieren, nicht lösen

Denn nur darum kann es laut Eidenschink gehen: Konflikte zu lösen ist utopisch – man kann sie maximal regulieren. Letzteres aber gelingt nur, wenn man ihre Funktion verstanden hat. Hierzu wird uns ein Ordnungsschema zur Verfügung gestellt, das auf den ersten Blick abschreckt: Ein Rad mit drei Dimensionen, die jeweils drei Leitunterscheidungen kennen mit jeweils zwei Polen – einem eskalierenden und einem deeskalierenden Pol. Macht also neun Leitunterscheidungen und 18 Pole.

Klingt kompliziert? Schon, aber alle werden dann nacheinander beschrieben und mit anschaulichen Beispielen unterlegt. Und das liest sich nicht nur interessant, sondern zum Teil richtig spannend. Zum Verständnis hier nur eine kurzer Einblick:

Es gibt die Sach-, Sozial– und Zeit-Dimensionen des Konflikts. Bei der Sozialdimension finden wir den Kontakt-, den Reaktions– und den Aktionsmodus. Letzterer kennt die Pole sendend (eskalierend) und erkundend (deeskalierend). Kennen wir alle, oder? Wenn wir uns in einem Konflikt befinden, dann tendieren wir dazu, unseren Standpunkt mit Nachdruck zu vertreten, wir senden und senden und hören kaum noch zu. Klar, dass dies zur Eskalation führt. Erst wenn wir in den Erkundungsmodus wechseln, haben wir eine Chance zur Deeskalation.

Warum nun soll sendend überhaupt sinnvoll sein? Damit schürt man den Konflikt doch nur. An einem anderen Modus wird das sehr klar. Bei der Zeitdimension gibt es u.a. den Machtmodus, und der kennt die Pole verhandelnd und drohend. Letzter soll auch sinnvoll sein? In der Tat, denn man stelle sich vor, man hat es mit einem Vorgesetzten zu tun, der massiven Druck ausübt und verlangt, etwas zu tun, was gegen ethische Grundsätze verstößt. Eine Diskussion ist nicht möglich, er wird dann ausfallend und böse. Hier kann ihn vermutlich nur eine Drohung an den „Verhandlungstisch“ bringen, z.B. die Ansage, seine Forderung öffentlich zu machen.

Muster erkennen

Wir sind also gut beraten, die vielen Muster zu kennen. Und zu verinnerlichen, dass jedem Konflikt eine Funktion innewohnt. Das allein könnte schon mal dazu führen, dass wir innehalten, versuchen zu beschreiben, worum es eigentlich geht und nicht sofort in unsere bekannten Muster verfallen. Sodann sollten wir die zum jeweiligen Konflikt – oder besser zu jedem der 18 Pole – passende Regulationskompetenz besitzen – und das ist schon eine echte Herausforderung. Hier helfen etliche Fragen zum eigenen Verhaltensstil in Konflikten und Tabellen mit konkreten Verhaltensbeispielen.

Am Ende geht es um die Gewinnung von Spielräumen. Dass das keine leichte Aufgabe ist, dürfte jedem klar sein. Aber wie beschrieben: Wer sich bewusst macht, dass der Konflikt eine Aufgabe hat, die er meist nicht sonderlich gut bewältigt, und dann überlegt, wie man vielleicht zum Ziel kommt, ohne dem Konflikt den Gefallen zu tun, in eine Schleife zu münden, die allen Beteiligten noch mehr schadet, dem ist schon sehr geholfen. Dazu kann dieses Buch beitragen. Eine Empfehlung nicht nur für Mediatoren und Coachs, sondern für alle, die ein wenig mehr verstehen wollen, worum es eigentlich bei Konflikten geht und wie sie selbst in eben jenen bevorzugt agieren. Ich werde das Buch auf keinen Fall ausleihen, sondern in Griffnähe aufbewahren …

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert