INSPIRATION: Man stelle sich vor, die Kandidaten für den Top-Posten an der Spitze eines Unternehmens starren auf die Lostrommel. Unter Anwesenheit des Chefjustitiars wird aus einer Trommel mit fünf Kugeln ein Name gezogen. Das Los bestimmt den neuen CEO. Eine gute Idee? Auf jeden Fall, und wer jetzt ungläubig den Kopf schüttelt, sollte einen Augenblick innehalten. Also:
Wer es bis ganz nach oben schafft, der hat oft einfach ganz viel Glück. Das gibt Bill Gates zu und viele andere werden ihm zustimmen. Die meisten waren einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Leider verführen fette Boni, große Büros und andere Machtsymbole so manchen dazu anzunehmen, er sitze vor allem wegen seiner Leistung auf dem Chefposten. Dass das gefährlich ist, wissen wir schon länger. Und wer einmal ganz oben ist, dem fließen ohnehin Ressourcen und Aufmerksamkeit leichter zu.
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Was wäre anders, wenn man dem Zufall, der ohnehin die größte Rolle spielt, auch sichtbar für alle die letzte Entscheidung überließe?
- Die Auserwählten wüssten, dass sie es dem Losentscheid und nicht allein ihrer „Größe“ zu verdanken haben – die Gefahr der Selbstüberschätzung sinkt. Vermutlich würden die „Gewinner“ deutlich bescheidener sein.
- Die „Verlierer“ bewahren ihr Gesicht. Ein bemerkenswertes Argument. Tatsächlich hätten ja alle, die in die engere Auswahl kommen, das Siegel „CEO-tauglich“ und nur durch Pech den Job nicht bekommen.
- Das wiederum würde bedeuten, dass sich auch solche Kandidaten bewerben, die den Wettbewerb um die Position genau aus diesem Grund sonst eher nicht antreten würden.
- Diskriminierung würde verhindert. Wenn in die engere Auswahl Menschen unterschiedlicher Herkunft und Geschlechts aufgenommen würden, müsste keiner fürchten, genau deshalb abgelehnt zu werden. Quoten werden überflüssig, auch „kreative Außenseiter erhalten Zutritt zu einflussreichen Positionen“ (S.112).
- Das berüchtigte „Old Boy Network“ würde an Einfluss verlieren.
Klingt das einleuchtend? Der Beitrag in der Wirtschaftswoche (Osterloh/Frey: Chef per Zufall) überzeugt mich. Wie die Autoren zu Recht anmerken: Wichtig ist natürlich, dass bei der Auswahl der Kandidaten keine zu engen Kriterien angelegt werden. Wenn dort am Ende doch nur weiße Männer über 60 aus Elite-Unis im Lostopf stecken, ändert sich wenig. Allerdings: Würde man das Verfahren in vielen Ebenen eines Unternehmens anwenden, stiegen die Chancen für jene mit anderen sozialen und beruflichen Hintergründen.
Spannend, nicht nur für Unternehmen, sondern auch für politische Ämter!