KRITIK: Alle Jahre wieder die gleiche Diskussion: Wie seriös sind Persönlichkeitstests, die auf einer Typenlehre basieren? Sagen sie überhaupt etwas aus? Kann man mit ihnen bei der Auswahl von Mitarbeitern arbeiten? Und wenn nicht – warum nicht? Ein seltsamer Streit, bei dem die Vertreter der Tests und ihre Gegner einfach nicht zusammenfinden.
Persönlichkeitstests haben doch eine Sache gemeinsam: Sie beruhen darauf, dass Menschen aufgefordert werden, Fragen zu beantworten oder Aussagen zuzustimmen oder abzulehnen (Fragebogen). Die Ergebnisse werden statistisch verarbeitet und mit einer großen Zahl von Ergebnissen anderer Menschen verglichen, die die gleichen Fragen beantwortet haben. Wenn die Entwickler der Tests wissenschaftlich sauber arbeiten – was natürlich alle von sich behaupten – dann lässt sich zumindest eines feststellen: Die Ergebnisse sagen irgendetwas aus und sind nicht rein zufällig zustande gekommen.
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Nun gibt es Tests, bei denen am Ende eine Art Profil erstellt wird. Daran kann man ablesen, ob man mit seinen Antworten im statistischen Normalbereich, darüber oder darunter liegt. Typentests funktionieren doch eigentlich genauso, nur dass sie den Menschen, die in bestimmten Skalen höhere oder niedrige Werte aufweisen, eingängige Namen zu weisen und damit zu „Typen“ machen.
Eine Art Astrologie?
Der Vor- und damit auch gleichzeitig der größte Nachteil dieser Variante: Es ist so schön eingängig, jemanden als Choleriker oder Melancholiker zu bezeichnen (denn auch die alten Griechen kannten schon die Typen), als Grünen oder Blauen, als Dominanten oder Gewissenhaften usw. Das Problem dabei: Es wird übersehen, dass Menschen sich natürlich nicht IMMER und in JEDER Situation genauso verhalten, wie das diese Bezeichnungen nahelegen. Wir sind nun mal viel komplexer, als dass wir mit wenigen Buchstaben oder Begriffen komplett zu erfassen wären. Allerdings werden wir uns vermutlich häufiger ähnlich wie andere Menschen mit diesem Selbstbild verhalten – es gibt also zumindest „Ähnlichkeiten“.
Aber was ist so viel besser bei den „seriösen“ Modellen, bei denen wir mit wenigen Skalen erfasst werden? Das erklärt der für Personalauswahlverfahren zuständige Mensch bei BMW in der Wirtschaftswoche (Astrologie für Nerds): Dass er mit dem „Big-Five-Modell“ vorhersagen kann, ob jemand in der Ausbildung Erfolg haben wird. Hohe Werte bei Gewissenhaftigkeit z.B. versprechen größere Lernerfolge. Da weiß ich nicht, ob ich lieber einen Typen-Test bearbeite und abgelehnt werde, weil ich zu harmoniebedürftig oder weil ich beim Big-Five nicht gewissenhaft genug bin. Und auch bei diesem Test kann man sich sein Profil auf eine Visitenkarte drucken lassen und sich gleich damit bewerben.
Die Gefahr, festgenagelt zu werden
Will sagen: Alle diese Tests, egal wofür ich sie einsetze, führen zu einem bestimmten Bild einer Person. Und zwar zu einem, das diese Person durch einen mehr oder weniger bewusst ausgefüllten Fragebogen erzeugt hat. Dazu kommt, dass dieses Bild niemals die komplette Person abbildet. Es ist nur ein kleiner Ausschnitt, eben jener, der durch die Fragen und die Antworten darauf erzeugt wird.
Entscheidend ist doch der Umgang mit den Testergebnissen. Wer sie bei der Auswahl von Mitarbeitern einsetzt, ohne sich ein Bild davon zu machen, wie das erzeugte Selbstbild mit der realen Person zusammen passt, der wird in beiden Fällen Schiffbruch erleiden. Und weil die Gefahr dieses naiven Umgangs mit Persönlichkeitstests groß ist, würde ich sie zur Personalauswahl erst gar nicht einsetzen. Keinen von ihnen, auch wenn die Testentwickler noch so methodisch sauber gearbeitet haben.