10. Dezember 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Von Maximierern und Genügsamen

PRAXIS: Ich hoffe, meine Frau verzeiht mir, dass ich diese Geschichte hier erzähle. Ihr altes Auto drohte zum Groschengrab zu werden, die Ausgaben häuften sich. Ein neues musste her. Also statteten wir dem Autohaus einen Besuch ab. Zwei Modelle kamen für sie in Frage, wir verabredeten zwei Probefahrten. Danach war für sie klar, welches von beiden es sein sollte. Wir betraten erneut den Verkaufsraum. Der Inhaber zeigte uns einen Vorführwagen, der mit einem geringen Abschlag zu haben war. ”Nehme ich”, sagte meine Frau, die Entscheidung war gefallen.

Keine weiteren Besuche in anderen Autohäuser, keine Recherche nach günstigeren Angeboten im Internet, keine langen Listen mit Pros und Cons. Der alte Wagen wurde gleich dort gelassen, auch hier keine langen Diskussionen über seinen Wert, kein Versuch, ihn privat zu veräußern.


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Hat sie die ”richtige” Entscheidung getroffen? Gemessen an dem, was sie für ein ähnliches Modell bei anderen Händlern oder im Internet bezahlt hätte, vermutlich nicht. Und mit ziemlicher Sicherheit hätte sie für den Vorgänger deutlich mehr bekommen können. War sie zufrieden mit der Entscheidung? Definitiv. Es fehlte der Vergleich. Oder: Die Anzahl der Alternativen, die sie in Betracht gezogen hatte, war so gering, dass der Vergleich positiv ausfallen musste.

Die Qual der Wahl

Das unterscheidet laut Henning Beck (Die Kraft der Genügsamkeit) die Satificer – die Genügsamen – von den Maximizern – den Maximierern. Letztere haben es in heutigen Zeiten extrem schwer. Die Angebote, zwischen denen wir inzwischen wählen können, sind gewaltig. Man muss dazu nicht mal mehr in den Supermarkt gehen, wo nahezu bei jedem Produkt die Alternativen zweistellig sind. Wer anfängt, im Internet zu recherchieren, kann damit Tage verbringen.

Ein schönes Beispiel ist auch das Fernsehen. Ich gehöre zu der Generation, die noch erlebt hat, dass man zwischen drei Programmen wählen konnte, wozu man immer einen Blick in die Fernsehzeitung warf. Beim analogen Fernsehen geht das heute auch noch, wenngleich auch hier die Auswahl groß ist. Nimmt man aber die Streaming-Dienste hinzu, wird die Entscheidung schier unmöglich.

Kriterien festlegen

Womit wir wieder bei den Genügsamen sind. Was machen sie anders? Nun, sie haben eine Handvoll Kritierien, nach denen sie entscheiden. Das erste Angebot, das diese Kriterien erfüllt, wird angenommen. Wenn ich bereit bin, für ein Auto 23.000 Euro zu zahlen, mir über die Größe, Art des Antriebs und einige Extras im Klaren bin, nehme ich das erste Modell, das diese Kriterien erfüllt. Womit auch klar ist, dass ich bei größerem Aufwand ein „besseres“ Ergebnis erzielen würde. Aber ich kann mich ab dem Moment der Entscheidung wieder anderen Dingen zuwenden.

Der Maximierer hingegen würde sich nie mit der ersten Option zufrieden geben, sondern weiter suchen. Und je mehr er vergleicht, umso mehr Alternativen wird er finden. Vielleicht sogar Modelle, die noch jede Menge Zusatznutzen bieten, und das zu einem günstigeren Preis. Mit der Folge, dass, wenn er sich dann endlich entscheidet, er immer noch nicht weiß, ob er wirkrlich das maximale Kosten-Nutzen-Verhältnis bekommen hat. Und damit nicht wirklich glücklich ist.

Laut Beck sind Maximierer tatsächlich beruflich erfolgreicher, d.h. sie verdienen mehr und erreichen die besseren Positionen. Aber sie sind auch unzufriedener. Wie entscheiden Sie?

Ob diese Typisierung wirklich so zutrifft, weiß ich nicht. Ich vermute, jeder von uns ist mal Maximizer und mal Satisficer. Hängt vermutlich vom Gegenstand ab, um den es geht. Was mir aber einleuchtend erscheint: Es ist sehr sinnvoll, sich vor einer Entscheidung Kriterien auszudenken, die auf jeden Fall erfüllt sein müssen. Dann dürfte die Chance steigen, das man sich zumindest etwas schneller entscheidet. Das hilft schon bei der Entscheidung im Supermarkt: Wenn ich auf jeden Fall ein Bio-Produkt haben möchte, schränkt dieses Kriterium die Auswahl sofort ein.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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Ein Gedanke zu „Von Maximierern und Genügsamen

  1. Entscheidungen sind in letzter Konsequenz immer emotional. Ich entscheide zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten. Durch diese Qual der Wahl muss ich schlußendlich entscheiden zwischen dem emotionalen Nutzen für mich. Entscheidungen sind nicht logisch. Menschen erspüren den emotionalen Mehrwert für eine Entscheidung unterschiedlich.

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