INSPIRATION: Möchten Sie so arbeiten? Gemeinsam mit Kollegen am Pool liegen, zwischendurch mit Kunden online diskutieren, gemeinsam kochen und zusammen essen, mit dem firmeneigenen Camping-Bus mal ein paar Tage nach Portugal und dort nebenbei arbeiten – Woo-Days nennt sich das: Working out of office. Ein Büro gibt es bei der Firma, von der hier die Rede ist, auch, mit Indoor-Dschungel, Cafeteria, und Kinosaal. Bei den soeben beschriebenen Alternativen schwer vorstellbar, dass dort überhaupt jemand hingeht.
Die Rede ist von einer Medienagentur, die von Menschen gegründet wurde, die es leid waren, ein kleines Rädchen in einer gigantischen Maschine zu sein. Wie eine der Mitarbeiterinnen, die zwischenzeitlich bei einer großen Unternehmensberatung anheuerte, aber bald wieder zurückkehrte.
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So etwas kann funktionieren? Zumindest bis jetzt. Wieso? Was die Gründer sich vorgestellt hatten, wird in der Brand eins (Mehr Halligalli, bitte) mit fünf „Prinzipien“ beschrieben. Es fängt an mit „Die Arbeit soll Spaß machen“ und „Alle sollen sich wohlfühlen.“ Eine Vorstellung, der man sich kaum verweigern kann: Am Sonntag schon auf den Montag freuen, nicht am Montag schon den Freitag herbei sehnen. Dazu wird jeder mit seinen Bedürfnissen wahrgenommen. Scheint zu klappen.
Halligalli
Aber es braucht auch Struktur. Bei Format D gibt es eine Arbeitszeiterfassung, und jeder weiß, wo er gerade steht. Alle Aktivitäten werden sauber protokolliert und kontrolliert. Dann gibt es noch das Prinzip „Klein bleiben“ – vermutlich der Kernpunkt: Man möchte gar nicht wachsen, die Größe passt. Das Besondere: Das betrifft auch den Umsatz und den Gewinn. Was am Ende des Jahres übrigbleibt, wird ausgeschüttet und in coole Technik investiert. Und schließlich Prinzip Nr. 5: Menschen so nehmen, wie sie sind. Das ist gelebte Wertschätzung.
Es heißt hier, dass die drei Gesellschafter aus der Firma ein Paradies machen wollten, und so etwas Ähnliches ist ihnen wohl auch gelungen. Da mögen die „Prinzipien“ eine Rolle gespielt haben, aber ich glaube, es kommen noch mehr hinzu: Offenbar arbeiten die Gesellschafter selbst mit, z.B. als Programmierer. Weil sie offenbar selbst Spaß an ihrer Arbeit haben. Sagen sie auch. Es fällt der Satz: „… wenn Ihr denkt, wir machen das, weil wir so gute Menschen sind, dann täuscht Ihr euch …“ Den kennt man aus einem anderen Zusammenhang, oder? Meist ist damit gemeint, dass Unternehmer ihre Belegschaft aus Eigennutz fördern und respektvoll behandeln, damit ihr Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich ist. Hier ist was anderes gemeint: „Wir machen das aus purem Egoismus: Wir selbst wollen uns wohlführen.“
Wäre mal eine gute Frage zur Selbstreflexion für Unternehmer: Was muss sich ändern, damit ich mich selbst wohl fühle? Vielleicht kommt man dann zu ähnlichen Erkenntnissen. Wobei man nicht vergessen darf: Es ist eine Sache, mit Laptop am Pool in der Toskana oder im Camping-Bus in Portugal zu sitzen und Webseiten zu programmieren, aber eine andere Sache, in der Großküche zu stehen und am Fließband Essen zu produzieren. Wäre mal interessant zu erfahren, ob es auch Nicht-IT-Unternehmen gibt, deren oberstes Ziel ist, dass alle Spaß haben. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich auch bei einem Job in einem Großkonzern auf den Montag freuen kann, aber das galt sicher nicht für alle …